Damian Duchamps' Blog

Afrikas Wildleben live in den Unterricht holen

Posted in Creative, Medienwelt by damianduchamps on Juli 26, 2016

Wie oft träumt man als Lehrer von tollen Exkursionen, vom Lernen vor Ort in Begleitung eines Experten. Leider lässt sich das nur selten realisieren. Zeit, Geld und Entfernung lassen diese Träume zerplatzen wie Seifenblasen. Und je weiter ein möglicher außerschulischer Lernort entfernt ist, desto geringer sind die Chancen, diesen jemals mit einer Lerngruppe besuchen zu können. Ins Wattenmeer könnte man eventuell noch kommen im Rahmen einer Klassenfahrt, doch der afrikanische Busch ist für uns so entfernt wie der Mond.

Manch einer erinnert sich an Kontakte von US amerikanischen Schulklassen zu Astronauten auf der ISS.  Schüler konnten dabei über eine Liveschaltung direkt mit den Astronauten sprechen, Fragen stellen und sie Experimente ausführen lassen, für die zuvor Materialien zu ISS geschafft worden waren. Tolle Sache, nur sind die Chancen, daran teilnehmen zu können, sehr begrenzt.

Es gibt jedoch andere Möglichkeiten, Liveschaltungen zu Experten zu bekommen. Eine davon möchte ich hier vorstellen. Sie ist geeignet für Lerngruppen ab Klasse 9 an Gymnasien und Gesamtschulen, die mit Englisch bilingual arbeiten. Fächer, für welche das Angebot von Interesse ist, sind Biologie und Englisch

Safari LIVE

Schon seit mehreren Jahren gibt es diese Live Drives und Live Bush Walks in einem Teil des südafrikanischen Kruger National Parks. Hier sind zweimal täglich für jeweils drei Stunden Teams unterwegs und stellen die Tier- und Pflanzenwelt im Ökosystem Busch vor. Zuschauer lernen dabei nicht nur große Säuger kennen, sondern auch Vögel, Insekten und Reptilien. Vorgestellt werden typische Lebensräume, Fortpflanzung und Ernährung. Die Safari Führer gehen auf das Wetter ein, die Geologie, den Jahreszeitenwechsel und die Arbeit als Safari Führer selbst. Man erfährt etwas über die Geschichte der Region, das Fährtenlesen und das Verhalten im Busch. Es geht bei den Touren nicht um Sensation, sondern Information.

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Spinne mit Beute (Screenshot Safari LIVE)

Die Führer sind sehr kundig und haben verschiedene Spezialgebiete. Bei den Touren mit Geländewagen oder zu Fuß sind in der Regel zwei Teams unterwegs, die beide über Funk und Satellit live senden und auf Fragen der Zuschauer reagieren. In der Regel hat man mehr als tausend Zuschauer aus aller Welt live dabei. Fragen können per E-Mail gestellt werden oder über einen Twitter Hashtag. Es wird immer wieder angeregt, Fragen zu stellen. Mitunter werden die Zuschauer gebeten, etwas zu recherchieren, wenn der Führer nicht weiter weiß.

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Eines der Teams, Safari Guide, Fährensucher und Kameramann mit Kamera (Screenshot Safari LIVE)

School Drives

Für Schulen auf aller Welt gibt es ein besonderes Angebot, den School Drive. Dafür meldet man sich zuvor an und die Safari Führer begrüßen die Klassen zur verabredeten Zeit und widmen sich dann vor allem den Fragen der Schüler.
Bevor man einen School Drive macht, empfiehlt es sich, einfach mal so live zuzuschauen oder Aufzeichnungen anzuschauen. Das hilft einmal, sich in die Thematik einzustimmen und abschätzen zu können, was man erwarten kann. Außerdem erhalten die Lerngruppen so die Möglichkeit, sich auf das Englisch einzustellen. Die Safari Führer sprechen ein sehr gut verständliches Englisch mit einem leichten südafrikanischen Akzent.
Das Live Video schaut man sich über YouTube an. Es empfiehlt sich ein Projektor. Brauchbare Lautsprecher sind wichtig. Die Fragen stellt, von denen einige in der Lerngruppe vorbereitet werden sollten, man am besten über Twitter. Dafür richtet man sich einen Twitter Account ein. Den Twitter Handle teilt man bei der Anmeldung über E-Mail mit. Die Safari Führer lesen die Fragen nicht selbst, sondern bekommen sie aus der Zentrale, über welche der Video Live Stream gesteuert wird, vorgelesen. Sie wiederholen die Frage dann und den Namen des Fragenden und geben dann eine Antwort. Dabei stellen sie sich auf das Alter der Schüler ein und die Region, aus welcher sie kommen. Zusätzlich zum Projektor sollte es noch weitere Bildschirme geben, Tablet oder Laptops, über welche Screenshots von vorgestellten Tieren, Pflanzen und Landschaften gemacht werden können. Die Screenshots lassen für Projektmappen und Präsentation verwenden und dürfen sogar im Internet veröffentlicht werden, wenn beispielsweise eine Webseite, ein Blog, ein Wiki oder ein Prezi erstellt werden sollen.

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Elefant interessiert sich für den Geländewagen. (Screenshot Safari LIVE)

Da die Führungen live sind, weiß man nie, was kommt, wie viele Tiere man sehen wird und welche. Interessant zu wissen ist, dass es im südlichen Afrika auch Jahreszeiten gibt, die auch auf auf das Leben der Pflanzen Auswirkungen haben. Im trockenen Winter färbt sich das Laub gelb und im Frühjahr, wenn der Regen kommt, wird alles grün.

Die Zeitzone passt

Die Live Safaris sind für Schulen in Deutschland von Interesse, da die Zeit während der Sommerzeit in Süd-Afrika parallel zu der unseren läuft. In Süd-Afrika gibt es keine Zeitumstellung. Im europäischen Winter verschiebt sich dann die Süd Afrikanische Zeit um eine Stunde zu uns.

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Löwenfährte im Sand (Screenshot Safari LIVE)

Es gibt eine Live Safari morgens (sunrise safari)  von 6 bis 9 (im afrikanischen Winter von 6:30 bis 9:30 Uhr). Diese ist für deutsche Schulen in den ersten beiden Unterrichtsstunden live zu sehen. Die Nachmittagssafari (sunset safari) von 15 bis 18 Uhr ist für deutsche Schulen nicht nutzbar.

Links

Weitere Infos

Safari Live ist Teil von WildEarth, das wiederum zu National Geographic gehört. Daher kommt vermutlich auch das Angebot für Schulen, welches US Schulen bei der Sonnenuntergangssafari

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Zwei Hawk Eagle (Screenshot Safari LIVE)

Die Aufzeichnung der Live Safaris lassen sich auch zeitversetzt sehen. Der Stream läuft auf eine Länge von drei Stunden im Kanal von Safari LIVE. Das heißt, drei Stunden nach der letzten Live Minute um 9 (bzw. 9:30) ist der Stream nicht mehr zu sehen. Bis dahin kann man aber zeitversetzt sehen, jedoch keine Fragen stellen.

Es gibt zum Live Stream auf YouTube eine Chat unter den Zuschauern aus aller Welt. Hier könnte man eventuell auch Fragen stellen zu einzelnen Tieren, da es unter den Zuschauern einige Experten gibt, die schon länger zusehen und die Geschichte mancher der Raubtiere, die im Bereich von Safari Live ihr Revier haben, gut kennen. Man sollte im Hinterkopf halten, dass dieser Chat nicht moderiert ist und der Austausch dort nicht nur um die Tiere geht, aber meist.

Im Folgenden versuche ich kurz, die Anknüpfung der Nutzung von Safari Live im Unterricht an die Lehrpläne und den Medienpass NRW darzustellen, immer bezogen auf eine Klasse 9 am Gymnasium oder an einer Gesamtschule wo Biologie bilingual mit Englisch unterrichtet wird.

Anknüpfung an den Lehrplan Biologie Sek I NRW

Im Fach Biologie eignet sich Live Safari gut, wenn es um die Themen Biotope und Ökosysteme geht.

Jahrgangsstufen 7/9

„Erkundung und Beschreibung eines ausgewählten Biotops (Produzenten, Konsumenten, Destruenten), Nahrungsbeziehungen, Energieumwandlung, Energiefluss, offene Systeme, Veränderung von Ökosystemen durch Eingriffe des Menschen, Biotop- und Artenschutz an ausgewählten Beispielen, Treibhauseffekt und Nachhaltigkeit.“
Erkunden eines Ökosystems

Bis Jahrgangsstufe 9

  • „beschreiben ein ausgewähltes Ökosystem im Wechsel der Jahreszeiten“
  • „ermitteln mit Hilfe geeigneter Bestimmungsliteratur im Ökosystem häufig vorkommende Arten“
  • „erklären Angepasstheiten von Organismen an die Umwelt und belegen diese, z. B. an SchnabelformenNahrung, Blüten-Insekte“
  • „beschreiben die für ein Ökosystem charakteristischen Arten und erklären deren Bedeutung im Gesamtgefüge.“
  • „erklären die Bedeutung ausgewählter Umweltbedingungen für ein Ökosystem z. B. Licht, Temperatur, Feuchtigkeit“

Quelle: Lehrplannavigator NRW

Oberstufe

Inhaltsfeld 5 – Ökologie

Die Dynamik von Populationen könnte man dann im Kontext afrikanischer Busch besprechen.

Anknüpfung an den Lehrplan Englisch Sek I NRW

Hier nur auf Rezeption, die Fragestellungen und das Anmelden bezogen.

Kompetenzerwartungen am Ende der Jahrgangsstufe 9

Hörverstehen und Hör-Sehverstehen

  • medial vermittelten einfachen authentischen oder adaptierten Sachtexten (u. a. Fernsehnachrichten, Interviews, Diskussionen) wesentliche Informationen entnehmen

Umgang mit Texten und Medien

  • im Bereich Medienkompetenz die Möglichkeiten des Internets aufgabenbezogen für Recherche, Kommunikation und sprachliches Lernen nutzen.

Quelle: KLP Englisch

Anknüpfung  an den Medienpass NRW

Als Lehrer in NRW schaue ich auch auf den Medienpass NRW und die Kompetenzen, welche dort abgebildet sind. Eine Einbindung von Safari Live mit Fragen an die Safari Führer würde in den Kompetenzbereich Kommunizieren und Kooperieren fallen.

  • Schülerinnen und Schüler kommunizieren verantwortungsbewusst, sicher und eigenständig und nutzen digitale Medien zur Zusammenarbeit.
  • Schülerinnen und Schüler … kommunizieren adressatengerecht, verantwortungsbewusst…

Werden z.B. Screenshots erstellt für eine spätere Nutzung oder es wird eine Aufzeichnung des Live Streams erstellt, um alles noch einmal ansehen zu können, fällt dieses unter Bedienen und Anwenden. Am ehesten würde dieses in den Bereich

  • wenden erweiterte Bearbeitungsfunktionen von Audio- und Videoprogrammen an

fallen.

Da es mit der reinen Rezeption des Live Videos und der Antworten der Safari Führer nicht getan ist, wird im Anschluss sicherlich ein Produkt entstehen, womit auch der Kompetenzbereich Produzieren und Präsentieren einbezogen wäre.

  • entwickeln einen detaillierten Projektplan für die Erstellung eines Medienproduktes
  • erstellen selbstständig ein Medienprodukt und setzen dabei unterschiedliche Gestaltungselemente bewusst ein.
  • präsentieren ihre Ergebnisse zielgruppenorientiert und achten auf ihre Körpersprache und Stimme.

 

Tipps für den Unterricht

  • Die Anfrage für einen School Drive an das Team von Safari LIVE sollte in der Lerngruppe erstellt werden.
  • Vor dem School Drive sollten einige Folgen geschaut werden, um
    • eine Erwartungshaltung zu wecken
    • eine Gewöhnung an das Englisch der Safari Führer zu ermöglichen
    • sich mit neuem Vokabular vertraut zu machen
    • das Setting kennenzulernen
    • den Ablauf einer Live Safari kennenzulernen
    • die Tiere, Pflanzen und Geographie schon ein wenig zu erleben
  • Vor dem School Drive sollten auf der Grundlage der zuvor geschauten Live Safaris und des Unterrichtsthemas Fragen erstellt werden
  • Ein Klassentwitter Account sollte angelegt werden (Namen bei der Anfrage dem Team mitteilen!)
  • Alternativ können die Fragen über E-Mail gestellt werden questions@wildearth.tv
  • Es sollte geübt werden, Screenshots zu erstellen
  • mehrere Schüler könnten gemeinsam mittels eine Etherpads ein Live Protokoll erstellen, um vor allem die vielen Namen der Tiere und Pflanzen notieren zu können
  • Es sollte eine Aufgabenverteilung vorgenommen werden
    • Protokollanten
    • Namen nachschlagen
    • neue Fragen erstellen, wenn die vorbereiteten nicht passen oder Nachfragen erforderlich sind
  • In Anlehnung an Chell’s Safari Live Summary Blog könnten Schüler im Anschluss ebenfalls so eine Zusammenfassung erstellen
  • Zwei frei verfügbare Handbücher für Fährtenlesen (da immer wieder Fährten gezeigt werden)

 

Noch ein paar Gedanken

Es wäre schön, wenn es mehr Gelegenheiten für Schüler gäbe, in dieser Art mit Experten vor Ort in einer Video-Liveschaltung kommunizieren zu können. Ich würde mir so etwas vor allem für für besondere Biotope, eben wie das Wattenmeer, die Bergwelt der Alpen, das Altmühl-Tal und ähnlich wünschen. Auch Museen könnten so etwas anbieten. Wie man bei Safari Live sieht, ist die Qualität eines echten Austauschs, wenn die Experten den Blick auf Details lenken, wesentlich wertvoller als wenn nur ein virtueller Museumsrundgang gemacht wird. Ich frage mich, warum nicht auch Museen diese Möglichkeit nutzen. Gerade mit einem starken WLAN oder auf dem Gelände, etwa wenn es eine historische Stätte ist, kann so etwas leicht umgesetzt werden. Es würde die Welt deutlich intensiver in die Klassenzimmer holen. Technisch ist das alles gar nicht so aufwändig. Selbst draußen in der Natur lässt es sich relativ leicht realisieren, wenn eine ausreichende Verbindung ins Mobilnetz vorhanden ist (siehe z.B. Teleporter). Vielleicht steckt sogar eine Geschäftsidee dahinter?

Natürlich gibt es noch andere Möglichkeiten, die Begrenztheit von Bilden und Videos zumindest ein Stück weit zu erweitern. Virtuelle Museumsrundgänge (siehe 5 museos con visitas virtuales para descubrir sin moverte de clase) lassen fremde Räume erkunden wie auch Google Streetview und ähnliche Projekte. Ein Stück weiter geht dann das Google Projekt „Google Expeditions“ in welchem Schüler mit Smartphone und Google Cardboard als 3D Brille, Räume nicht nur in 360° Sicht erfahren, sondern räumlich.
In nicht allzu ferner Zukunft wird es sicherlich virtuelle Touren geben, in welcher Schüler in dreidimensionale Räume eintauchen, und dort einer Führung folgen, in einer fremden Stadt, einer Fabrik, im tropischen Regenwald, in der Antarktis oder einfach nur im Wattenmeer oder den Donauauen.
Ein kleines Stück auf den Weg gemacht haben sich die Macher von SafariLive, vorerst noch ohne 3D (aber sie experimentieren bereits damit).

Ich hoffe, ich kann mit diesem Beitrag den einen oder anderen anregen, die Erfahrungen, welche Safari LIVE Schülern bringen kann, für den eigenen Unterricht zu nutzen.

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