Damian Duchamps' Blog

Einer geht noch …

Posted in Alltag, Schulentwicklung, Schulpolitik by damianduchamps on Februar 7, 2017

Irgendwie werde ich das Gefühl nicht los, dass es langsam etwas viel wird für viele Lehrerinnen und Lehrer in unserem Schulsystem. Man kommt ohnehin nicht wirklich voran. Nichts geht und alles muss auf dem Weg in Richtung Zukunft, und dann kam auch noch die Digitalisierung mit allem, was sie mit sich bringt.

einer-geht-noch2

Werbung

Lehrerfortbildung ohne ICT geht gar nicht

Posted in Alltag, Kompetenzen, Schulentwicklung by damianduchamps on August 15, 2016

In einem Video mit Will Richardson – TTT#342 Why School? with Will Richardson – in dem es auch um seine Schrift „Why School?“ geht, äußert er einen Gedanken, den ich sehr wichtig finde, wenn man sich mit dem Einsatz digitaler Endgeräte wie Tablets im Unterricht auseinandersetzt. Lehrer, so fordert er, müssten sich erst einmal für ein oder zwei Jahre selbst als Lernende vertraut machen mit den Geräten und Möglichkeiten, bevor sie diese im Unterricht einsetzen und Schülern in die Hand geben. Lehrer müssten selbst damit vertraut sein, sicher damit umgehen können und sie kompetent als Werkzeuge in ihrem eignen Lernen einsetzen können. Wenn der Lehrer selbst Lernender ist mit digitalen Werkzeugen, so Richardson, kann er besser beurteilen, wie man diese in einem Lernkontext mit Schülern einsetzt. Sonst würden es letztlich nur digitale Arbeitsblätter sein oder dass die Hausaufgaben auf einer Webseite hinterlegt werden. Richardson ist der Meinung, dass Schulen viel zu wenig darin investieren, ihre Lehrer mit den Geräten vertraut zu machen.

Viele Lehrer sind digitale Dünnbrettbohrer

Leider verhält es sich so, dass viele Lehrer wenig kompetent im Umgang mit digitalen Endgeräten sind, und das meint nicht nur die älteren Lehrkräfte. Auch bei jüngeren beobachtet man immer wieder, dass die Kenntnisse sehr oberflächlich sind. Im schulischen Kontext reicht es in der Regel für das Erstellen von sehr einfachen Arbeitsblättern und das Führen von Notenlisten. E-Mail nutzt man für Dienst-Mails notgedrungen. Man kann im Computerraum oder am interaktiven Whiteboard auch noch Videos von YouTube zeigen und eine Recherche durchführen. Vielleicht kann man Schülern auch noch Grundlagen einer Powerpoint Präsentation vermitteln. Damit endet es bei vielen dann auch schon. Die Lehrer, mit denen ich zu tun habe, nutzen Computer und das Internet nicht, um selbst damit zu lernen.

Wer nicht selbst kompetent ist, wird ICT auch eher nicht im Unterricht nutzen

Wer sich selbst nicht sicher fühlt, wird im Unterricht lieber beim Bewährten bleiben. Warum soll man sich auf etwas einlassen, was zu Misserfolgen und Frustration führt? Warum soll man etwas nutzen, von dessen Nutzen man nicht überzeugt ist, weil man selbst keine positiven Erfahrungen damit gemacht hat? Wie soll man, selbst wenn man willig ist, digitale Werkzeuge im Unterricht gewinnbringend einsetzen, wenn man nicht weiß wie? Ich denke, es liegt bei Lehrkräften in der Regel nicht am mangelnden Willen, doch man kann es nicht und weiß nicht, was möglich ist. Natürlich kann man gemeinsam mit den Schülern lernen, wie Ulf Blanke (@ulfblanke) richtig sagt. Doch wer schon über ausreichend Erfahrungen verfügt, wer den Schülern zumindest in einigen Bereichen einige Schritte voraus ist, der wird erfolgreicher sein. Für jemanden der selbst über eine gute Kompetenz verfügt, sagt es sich „Schüler und Lehrer können auch gemeinsam lernen“ sehr leicht. Man darf dabei nicht vergessen, dass auch Schüler das Lernen mit dem Internet nicht erfunden haben. Sicher können sie YouTube nutzen, um Anleitung zum Lösen von Problemen zu finden. Das ist aber nicht alles. Es passt darüber hinaus nicht zum Selbstverständnis vieler Lehrkräfte, sich ohne ausreichenden Hintergrund in neue Fahrwasser zu begeben. Es könnte zu vieles schief gehen, so die Sorge.

Lehrerfortbildungen sind so 1.0

Als ich das Video mit Will Richardson sah und seine Forderung nach dem Vertrautmachen von Lehrkräften mit Tablets bevor sie es Schülern in die Hände geben, hörte, dachte ich sofort an die Lehrerfortbildungen im Land und die diversen offiziellen Kongresse, so wie ich sie zumindest aus NRW kenne. Die digitalen Möglichkeiten werden dort so gut wie gar nicht genutzt. Dass auf einem Kongress für die Schulträger, Medienzentren und Medienberater etwa eine Twitterwall als Backchannel genutzt wird oder eine Möglichkeit der gemeinsamen Dokumentation über ein Etherpad, darauf wartet man vergebens. Lediglich der Vortragende nutzt Notebook und Projektor, vielleicht noch mit Internetanschluss.

Nicht viel anders verhält es sich bei vielen offiziellen Fortbildungen für Lehrerinnen und Lehrer durch die Moderatoren der Kompetenzteams. Die Moderatoren nutzen vielleicht digitale Präsentationstechniken und einige sehr wenige Teilnehmer machen vielleicht Notizen auf Notebook oder Tablet. Darauf beschränkt sich dann der Einsatz digitaler Werkzeuge. In Arbeitsphasen werden bekannte Moderationstechniken genutzt, wie sie bei den Moderatorenschulungen vermittelt werden, Platzdeckchen, Plakat erstellen, Museumsrundgang, Karten beschriften und an eine Pinnwand heften. Und um die tollen Ergebnisse zu sichern, macht hinterher vielleicht noch jemand ein paar Fotos. Wenn ich das als Teilnehmer erlebe, denke ich, ich bin im Schul-Museum.

Keine Lehrerfortbildungen mehr ohne digitale Werkzeuge

Sicher gibt es auch Ausnahmen von den geschilderten analogen Zuständen in der Lehrerfortbildung, etwa in den mathematisch-naturwissenschaftlichen Fächern. Allerdings geht es dort vor allem um den Einsatz digitaler Möglichkeiten im Unterricht. Lehrer probieren aus, was sie mit ihren Schülern machen können. Das ist schon ein Stück besser als gar nichts. Wenn Lehrer kompetent werden sollen in der Nutzung digitaler Werkzeuge zum gestalten eigener Lernprozesse, und das müssen sie, dann müssen sie eine Möglichkeit bekommen, zumindest eine Grundkompetenz zu erhalten. Von da aus müssen sie sich selbst auf den Weg machen, sich mit Kollegen vernetzen und gemeinsam mit den Schülern lernen.

Bei der Sache gibt es natürlich einen Haken. Auch die Moderatoren sind mehrheitlich nicht kompetent in der Nutzung von digitalen Werkzeugen für das eigene Lernen. Das schlägt sich nicht nur im Fehlen dieser Thematik in den Inhalten der fachlichen Fortbildungen nieder, sondern eben auch in der Gestaltung der Fortbildungen selbst.

Folglich müsste man zunächst die Moderatoren selbst kompetent machen. Da die meisten von ihnen selbst Lehrerinnen und Lehrer an Schulen sind, sollten sie die beste Unterstützung bekommen, dass sie an ihren Schulen auch digitale Werkzeuge im Unterricht nutzen können. Nur dann werden sie als Lernende und Lehrende die notwendigen Kompetenzen erlangen. Im nächsten Schritt könnten sie dann ihre Fortbildungsmodule überarbeiten und ihr Portfolio an Moderationstechniken auf digital umstellen.

Im letzten Schritt bilden sie dann unter Einsatz von digitalen Möglichkeiten Lehrende weiter und helfen ihnen so nicht nur fachlich auf den Weg, sondern auch dabei, selbst zu Lernenden zu werden, die in der Lage sind die digitalen Möglichkeiten für sich zu nutzen, womit sie in die Lage versetzt werden, diese Möglichkeiten auch in ihrem eigenen Unterricht einzusetzen und dabei ihren Schülern lernendes Vorbild sind.

Selbiges gilt im Prinzip auch für die Lehrerausbildung an Universitäten und Seminaren. Es wird leider nicht reichen, wenn man Informatik zum Gegenstand jeglicher Lehrerausbildung macht, denn die kann man sich auch noch aus Bücher aneignen.

Warum klappt es in unseren Schulen nicht mit der Vermittlung der Kompetenzen zur Nutzung digtaler Medien?

Posted in Alltag, Medienwelt by damianduchamps on Oktober 18, 2013

Nach meinen Erfahrungen liegen die Probleme mit den neuen digitalen Medien vor allem in der mangelnden Kompetenz der Erwachsenen begründet. Nach einer optimistischen Schätzung würde ich sagen, dass an einer normalen Schule maximal 20% der Lehrerinnen und Lehrer über eine ausreichende Kompetenz verfügen, digitale Medien sinnvoll in den Unterricht zu integrieren und zu vermitteln. Selbst jüngere Lehrerinnen und Lehrer verfügen oft nur über ein oberflächliches Wissen. Das hat im Studium dazu gereicht, Informationen zu finden, sich auf Portalen der Universität anzumelden und Klausurergebnisse nachzusehen und Semesterarbeiten und Referate zu verfassen. Die Kenntnisse in der Textverarbeitung beschränken sich bei vielen dabei auf minimalste Funktionen wie Fett, Unterstrichen, Linksbündig, Blocksatz und ähnlich. Wie man einen Tabulator nutzt oder eine Gliederung erstellt mit den Funktionen der Textverarbeitung, wissen die meisten nicht. Was sie beherrschen, haben sie durch Ausprobieren herausgefunden oder von Freunden gezeigt bekommen. Über eine systematisch vermittelte Grundkompetenz in Sachen digitaler Medien verfügen die meisten nicht. Eigentlich müsste sich die Lehrerausbildung dieses Thema auf die Fahnen schreiben. Doch das wird nur selten möglich sein, wenn das Referendariat auf ein Jahr verkürzt ist und die Seminarleitungen oft selbst nicht über die notwendigen Kompetenzen verfügen.
So lavieren sich viele Erwachsene in unserem Land durch das digitale Leben. Man kann Online-Banking, einen Urlaub buchen, Wissen in der Wikipedia nachschlagen und bei Amazon einkaufen. Ein Wiki nutzen, ein Blog betreiben, kollaborativ einen Text mit Google Docs erstellen? Fehlanzeige. Auch in der Nutzung von Smartphones sind viele Erwachsene kaum in der Lage das Potential der tragbaren Mini-Computer auszunutzen. Mit Mühe schafft man es noch WhatsApp zu kaufen und zu installieren. Ich habe im Kollegium meiner Schule junge Lehrer erlebt, die ihr Android Smartphone so nutzten, wie sie es aus der Verpackung holten, ohne Anmeldung bei Google, ohne zusätzliche Apps zu installieren. Telefonieren, SMS, Fotos machen und das war es. Wie man diese Fotos verschicken kann, lernen manche noch so gerade eben. Mehr von diesem technischen Zeug ist ihnen zu viel. Da haben sie nicht die Geduld oder die Zeit. Wie sollen solche Menschen im Unterricht Tablets einsetzen oder gar mit dem BYOD Prinzip arbeiten?
Unsere Kinder scheinen auf den ersten Blick sehr kompetent im Umgang mit Smartphones und Computern. Sie tippen flink und finden sich auf Webseiten schnell zurecht. Nur wenige schaffen es mit Interesse tiefer in die Materie einzusteigen. Die Mehrheit bewegt sich an der dünnen Oberfläche der Medienkompetenz. Das ist vielleicht vergleichbar dem Autofahren. Sie können das Auto bewegen, haben aber nie die Fahrschule besucht und die Regeln gelernt. So fallen viele Lehrpersonen auf den scheinbar kompetenten Umgang ihrer Schülerinnen und Schüler hinein und denken, die können alles. Pustekuchen! Nichts können diese Kinder wirklich richtig. Und so werden sie erwachsen, haben zwar keine Hemmungen vor dem Umgang mit den digitalen Medien, können sie aber auch nicht wirklich richtig nutzen.
So ist es bestellt bei uns. Wen es dann noch wundert, dass es kaum jemanden gibt, weder in der Schule, noch im Elternhaus, der unserem Nachwuchs einen kompetenten Umgang mit den digitalen Medien beibringen kann, der hat keine Ahnung, wie es wirklich aussieht bei uns.

Ich habe diesen Beitrag als Antwort auf den Beitrag Digitale Evolution: Wie steht es um die Bildung und Mediennutzung in Deutschland? von Mike Schnoor geschrieben.

Tagged with: , ,

OER – in Deutschland am Bedarf vorbei gedacht?

Posted in Alltag, OER, Urheberrecht by damianduchamps on April 3, 2013

Setzt man sich mit der Frage auseinander, warum es mit freien Bildungsinhalten (OER) in Deutschland nicht so recht vorangehen möchte, so begegnet man unweigerlich immer wieder der Gegenfrage nach dem Warum. Vielmals wird eine Notwendigkeit für OER an sich angezweifelt. Stellt sich ein Erfolg für OER in Deutschland nur deshalb nicht ein, weil es keinen Platz hat in unserem Bildungssystem? Brauchen wir hier in der Bildungsrepublik Deutschland überhaupt OER? Und falls nun doch, wer braucht es dann, wie soll man es einordnen und welchen Stellenwert soll es haben?

Das sind sehr grundlegende Fragen, welche die gesamte Auseinandersetzung um OER in Frage stellen. Anhörungen wie die im Landtag NRW haben letztlich auch ein vorrangiges Ziel in der Klärung der Frage, ob OER überhaupt ein Gegenstand ist, welcher ein Engagement erforderlich macht. Bisher ist das Thema OER von Seiten der Politik mehr als stiefmütterlich behandelt worden, wie das quasi nicht vorhandene Engagement auf europäischer wie internationaler Ebene belegt. Böse Zungen mögen behaupten, dass dieses erfolgreicher Lobbyarbeit der Bildungsverlage geschuldet ist. Andere machen die Ursache vielleicht in der Blindheit des Systems fest.Was bleibt, ist die Frage:

Braucht Deutschland also OER oder nicht?

Eine Antwort ist vielschichtig.

Eine Frage des Geldes

Wir sind kein armes Land. Von daher werden OER in Deutschland nie den Stellenwert haben, den sie etwa auf dem afrikanischen Kontinent entwickeln, wo finanzielle Ressourcen extrem knapp sind, sowohl auf Seiten des Staates und seiner Bildungsinstitutionen als auch bei den Bürgern. In Ländern, wo Geld sowohl über die Verfügbarkeit von Bildungsinhalten als auch den Zugang zu denselben entscheidet, übernehmen OER die Rolle, Bildungsinhalte verfügbar sowie zugängig zu machen. In Deutschland brauchen OER diese Rolle nicht in gleichem Maße übernehmen. Wohl aber sind auch in unserem Land Finanzmittel höchst ungleich verteilt. Das beginnt bei den Bildungsetats der Bundesländer und Kommunen und geht weiter bei den Budgets der Schulen und Fachschaften und endet beim Einkommen der Eltern und dem persönlichen Lehr- und Lernmittelbudget der Lehrkräfte.

Beispiele für die vom Geld gesetzten Grenzen im Bildungsalltag kennt jeder, der im System tätig ist. Es sind etwa die  alltäglichen Schwierigkeiten, je nach Schulform und Einzugsgebiet, wenn in der Klasse ein weiteres Arbeitsheft für Geschichte angeschafft werden soll, der Schuletat dieses nicht hergibt, das Jahresbudget der Fachschaft von 200 € es ebenfalls nicht zulässt und auch die Eltern teils große Probleme haben, das Geld aufzubringen. Oder es ist das neue Fachbuch, das nicht angeschafft werden kann, da die der Schuletat bereits durch drängendere Anschaffungen ausgeschöpft ist.

In einer Zeit, in welcher staatlich institutionelle wie persönliche Finanzmittel eher knapper als umfangreicher werden, kommen OER von daher definitiv eine ausgleichende und ermöglichende Rolle zu.

Eine Frage der Rechtmäßigkeit

Nicht zu entkoppeln von der Frage des Geldes sind das Urheberrecht und Vereinbarungen zwischen Urhebern und Nutzern in Form von Lizenzierungen, welche die Grenzen des Urheberrechts gegen Geld in bestimmten Bereichen zurücknehmen. Im schulischen Alltag mögen sich Lehrerinnen und Lehrer oftmals über diese Grenzen hinwegsetzen, etwa die persönlich erworbene Kopiervorlage im ganzen Kollegium nutzen, die Software über die Zahl der erworbenen Lizenzen hinaus installieren oder die digitalisierte Buchseite an einen Kollegen weitergeben. Dass sie dieses oftmals tun, weil das Geld knapp ist, macht daraus keine legale Sache. Es mag im Alltag zwar pragmatisch sein, doch legal und ohne schlechtes Gewissen wäre schöner. OER bieten hier einen Ausweg, der auch Lehrern in Deutschland helfen könnte.

Wir wachsen gerade hinein in ein Zeitalter zunehmender Vernetzung zwischen Lehrern in Deutschland, aber auch über Landesgrenzen hinaus, in eine Kultur des Kopierens, Teilens, Adaptierens und Remixens. Ohne OER, die nicht den engen urheberrechtlichen Fesseln der Verlagsmaterialien unterworfen sind, wird das Potential einer  solchen Entwicklung kaum komplett auszuschöpfen sein. Auch hier besteht also ein eindeutiger Bedarf.

Eine Frage des Angebotes

Selbst wenn das Angebot der Verlage in manchen Bereichen schier unendlich scheint, so gibt es doch immer wieder Inhalte, die von den Verlagen mit ihren Angeboten nicht abgedeckt werden, etwa weil die potentielle Nutzergruppe keine ausreichende Größe besitzt. Englischlehrbücher für Schüler mit Förderbedarf sind beispielsweise solch ein kleiner Markt und das Angebot der Verlage ist entsprechend bescheiden. Themenhefte zur Regionalgeschichte für den Geschichtsunterricht im regionalen Kontext stellen einen noch kleineren Markt dar und das Angebot tendiert hier folglich gegen Null. Es gibt sicher noch viele Nischenprodukte, auch solche, die durchaus bundesweit Abnehmer fänden, wenn auch nur in sehr kleiner Zahl. An dieser Stelle könnten OER eine wertvolle Ergänzung zum bestehenden Verlagssortiment darstellen.

Verbreitung von Bildungsinhalten weltweit

Englisch ist eine Weltsprache und Inhalte in englischer Sprache können von daher in sehr vielen Ländern der Welt für Bildungszwecke genutzt werden, selbst wenn sie dafür in eine andere Sprache übersetzt werden. Aus diesem Grund kommt gerade englischsprachigen OER eine besondere Rolle zu. Wer OER in englischer Sprache erstellt, mag dieses zwar nicht unbedingt mit der Intention tun, damit auch Menschen in Afrika, Asien oder wo auch immer man die englische Sprache versteht, die Möglichkeit zur Nutzung zu eröffnen, doch durch die Sprache ergibt sich dieses quasi automatisch. Vor allem die reichen englischprachigen Länder in Nordamerika und Europa können so andere Länder auf dem ganzen Globus an ihren Bildungsinhalten teilhaben lassen. Da Deutsch eine Sprache mit einer weltweit eher geringen Verbreitung ist, kommt auch OER in deutscher Sprache die zuvor beschriebene Rolle so gut wie gar nicht zu. Abgesehen von der internationalen Nutzung durch Deutsch als Fremdsprache (DaF) gibt es kaum eine Nutzung und auch eine Übersetzung in andere Sprachen dürfte höchst selten sein.

Idealismus

OER haben auch etwas mit Weltverbesserung zu tun, mit dem Glauben, durch die Befreiung von Bildungsinhalten aus urheberrechtlichen und finanziellen Zwängen, die Welt und die Menschen, die auf ihr leben, ein Stück weit weiter zu bringen auf dem Weg in eine neue, bessere Gesellschaft. Dieser Gedanke des Teilhabenlassens, des Miteinander bei der Erstellung und Nutzung, des grenzenlosen Austauschs schwang bei OER von Anbeginn an mit wie etwa auch bei der Wikipedia. Bisher sind es wohl auch vermutlich überwiegend Idealisten in Sachen Bildung, die sich hier in Deutschland mit dem Thema OER auseinandersetzen und versuchen, es voranzubringen. Ein wenig mehr an Idealismus, getragen durch OER und die Möglichkeiten des Internets, ständen auch der deutschen Bildungslandschaft nicht schlecht, könnte vielleicht auch helfen, die traditionellen Einzelkämpfer aus ihren Arbeitszimmern zu locken zu einer Vernetzung über die Grenzen des Kollegiums hinaus. Letzteres ist nun aber schon sehr idealistisch 😉

Brauchen wir also in Deutschland überhaupt OER?

Ich würde sagen, auf jeden Fall. Wenn auch die Verbreitung von Bildungsinhalten in der Welt für uns nur eine absolut untergeordnete Rolle spielt und Idealismus etwas für Unverbesserliche ist, so kann OER doch auch in Deutschland entscheidend dazu beitragen, finanzielle Benachteiligungen auszugleichen, eine urheberrechtlich abgesicherte Kultur lokaler, überregionaler und auch internationaler Vernetzung unterstützen und nicht zuletzt die Angebote der Verlage in Nischen und als Alternative ergänzen und zu fortwährender Innovation bewegen.

Tagged with: ,

Auf den Punkt gebracht – warum Lehrer OER nutzen sollten

Posted in Alltag, OER, Urheberrecht by damianduchamps on April 2, 2013

Als Antwort auf meinen Artikel zu der Frage, ob OER die Zielgruppe Lehrer in Deutschland erreicht, frage Martin Lindner auf Twitter: „gibts irgendwo eine bündige auflistung der 3 wichtigsten vorteile von OER? warum sollten sich die lehrer anders verhalten?

Ob es eine solche kurze Auflistung gibt, kann ich nicht sagen. Für mich stehen aus der Sicht von Lehrern folgende Gründe an erster Stelle: Bezahlbarkeit, freie legale Nachnutzbarkeit für Lehrer und Schüler im Unterricht 

  • unbegrenzt viele Materialien ohne Budgetgrenzen/Blick auf den Geldbeutel nutzen können
    • Unterricht erfolgt zwar meist auf der Basis von Lehrbüchern, doch in vielen Fächern werden diese regelmäßig um zusätzliche Materialien ergänzt. Aus zeitlichen Gründen können Lehrer diese zusätzlichen Materialen nicht alle selbst erstellen.
    • Eine Lösung besteht im käuflichen Erwerb von den Verlagen. Dem Kauf setzen  das begrenzte Schul- bzw. Fachschaftsbudget, die Finanzkraft der Eltern oder im Falle einer privaten Anschaffung die Möglichkeiten des eigenen Geldbeutels Grenzen. – OER können unentgeltlich genutzt werden.
    • Eine weitere Lösung besteht im Ausleihen oder Kopieren von Kollegen. – Meist ist das nicht legal, außer es handelt sich um selbst erstellte Materialien. OER können legal kopiert und brauchen von daher nicht ausgeliehen werden.
    • Als Lösung bietet sich auch die Suche im Netz an oder Nutzung von Materialien von Online Materialbörsen. – Die Nutzung über den eigenen Unterricht hinaus ist rechtlich nicht immer eindeutig geklärt. Ebenso wenig geklärt ist die Möglichkeit, Anpassungen vorzunehmen oder die Inhalte weiterzuverarbeiten. Mit OER ist das kein Problem.
  • Materialien frei nutzen, verändern und legal weitergeben können
    • Die Nutzung von Verlagsmaterialien ist immer mit Kosten verbunden und der Freiheitsgrad der Nutzung ist immer beschränkt. – OER können immer ohne finanziellen Aufwand für Erwerb oder Lizenzierung genutzt werden. Die Mehrheit der Materialien erlaubt Anpassung, Veränderung und Kombination mit anderen OER oder eigenen Materialien.
    • Selbst Materialien aus Kopiervorlagen dürfen nur von dem genutzt werden, der sie anschafft. Schullizenzen erlauben weder die legale Nutzung der entsprechend lizenzierten Materialien bei einem Wechsel der Schule noch die legale Weitergabe etwa an einen befreundeten Kollegen an einer anderen Schule. – OER können von jedermann in der Schule genutzt und an andere außerhalb der Schule weitergegeben werden.
    • Verlagsmaterialien können und dürfen oft nicht legal verändert werden. – OER Materialien dürfen mehrheitlich legal verändert werden.
    • Verlagsmaterialien haben nur stark eingeschränkte Nutzungsmöglichkeiten auf digitalen Medien. – Für OER gelten keinerlei Beschränkungen bezüglich einer digitalen Nutzung per se. Sie können im Intra-Net wie im öffentlichen Internet genutzt und auch weitergegeben werden.
  • Lernern/ Schülern ermöglichen, Lernprodukte legal öffentlich zugängig zu machen
    • Seit das Internet in den Unterricht eingezogen ist, können Schüler ihre Arbeiten im Internet veröffentlichen, wenn dieses von Seiten der Schule ermöglicht wird. Die große Einschränkung war und ist dabei jedoch immer, dass nur Materialien verwendet werden können, die nicht durch Urheberrechte der Verlage geschützt sind, was im Fall von Schülerwebseiten vor allem Abbildungen, Filmsequenzen und Audiomaterialien meint. – Lehrer können Schülern mit OER freie Materialien anbieten, welche auch im Internet veröffentlich werden können.

Diese Beschreibung der Vorteile einer Nutzung von OER gehen von einer offenen Lizenzierung – ohne Einschränkungen,  wie sie sich durch die Creative Commons Lizenz No Derivatives ergibt – aus.

Tagged with: , ,

Das Ende des Schulbuchs – lang lebe das Schulbuch

Posted in Alltag, Medienwelt, OER by damianduchamps on November 18, 2012

Das Schulbuch hat sich über Jahrhunderte bewährt, um Wissen in die Hand von Schülern zu geben – und wird vermutlich noch über viele weitere Jahre diese Rolle innehaben. Doch es ist in die Jahre gekommen. Seit Ewigkeiten hat es sich nicht wirklich verändert. Die Zeit ist weiter gegangen, doch das Schulbuch von heute sieht noch immer aus wie das unserer Eltern und Großeltern und Urgroßeltern und so weiter. Einverstanden, es ist bunter geworden und größer und aufwändiger im Layout. Auch die Inhalte haben sich durchaus verändert, wie auch die Aufgabenformate. Sogar Differenzierungsangebote finden sich. Und auch das Internet hat Einzug gehalten ins Schulbuch in Form von Links oder Webcodes. Geblieben ist jedoch die starre Struktur. Noch immer müssen Schülerinnen und Schüler mit schnell veraltenden Büchern lernen und der Trend zum Veralten nimmt sogar zu, denn die Veränderungen in Gesellschaft, Wissenschaft und Technologie schreiten immer rasanter voran.

Heute gilt das Primat des schülerorientierten Unterrichts, der sich an den Bedürfnissen des Individuums orientieren soll, um ihm damit das optimale Lernergebnis zu ermöglichen. Aber noch immer bekommen alle Schülerinnen und Schüler ein und das selbe Buch vorgesetzt. Die im Buch angebotenen Differenzierungsmöglichkeiten sind in der Regel auf sehr wenige Leistungsniveaus angelegt, zumeist auf gerade einmal zwei.

Wie Schüler sind auch  Schulen eigentlich Individuen in ihren regionalen Settings. Genau wie man heute nicht mehr von homogenen Lerngruppen ausgehen kann (es eigentlich auch nie wirklich konnte), kann man auch nicht von einer homogenen Gruppe von Schulen ausgehen. Gymnasium A ist nicht gleich Gymnasium B. Die Schülerschaft rekrutiert sich beim einem Kleinstadtgymnasium sicherlich aus anderen Bevölkerungsgruppen als im Gymnasium einer Großstadt. Selbiges lässt sich für jede Schulform sagen. Schon die Zentralen Leistungsüberprüfungen am Ende der Klasse 10 belegen dieses (zumindest in NRW) an den unterschiedlichen Niveaus der Ergebnisse mehr als deutlich. Mit Wissen um diesen Sachverhalt, werden die Schulen bereits unterschiedlich eingestuft für die Auswertung.

Langer Rede kurzer Sinn – es kann eigentlich nicht angehen, dass in einem Bundesland alle Schulen über einen Kamm geschoren werden und alle mit identischen Schulbüchern arbeiten müssen. Zwar kann noch gewählt werden zwischen den Angeboten der verschiedenen Verlage, doch da enden die Wahlmöglichkeiten auch schon. Nur sehr wenige Lehrwerke werden es vermutlich schaffen, falls überhaupt, die Bedürfnisse sämtlicher Schulen eines Schultyps in einem Bundesland zu befriedigen. Viele Lehrerinnen und Lehrer klagen über Probleme mit den Büchern, zu schwer, zu leicht, zu wenig Übungen, die falschen Übungen, zu wenig Methoden, usw.. Wie viel oder wie wenig an einer Schule von einem einzelnen Schulbuch genutzt wird, ist von Schule zu Schule unterschiedlich. Ich habe von Lehrerinnen und Lehrern gehört, dass sie gerade einmal 20% des Schulbuches mit ihren Schülern nutzen. An einer Schule erlebte ich in einer Zehn, dass man dort ein sehr altes nicht mehr verlegtes Mathematikbuch verwendete. In noch einer anderen Klasse bekam ich mit, wie man ein im eigenen Bundesland nicht zugelassenes Lehrwerk eines anderen Bundeslandes nutzte, die Schüler zur „Tarnung“ aber das zugelassene anschaffen ließ.

Verlage bieten Zusatzmaterialien und hoffen, so die Mängel der Lehrwerke zum Geschäft zu machen. Arbeitshefte, Formelsammlungen, Übungsaufgabensammlungen, einzelne Arbeitsblätter , Geschichtensammlungen, Lektüren und vieles mehr werden angeboten. Manchmal entdecken Lehrkräfte andere Schulbücher aus anderen Schulformen oder anderen Bundesländern. Einführen dürfen sie diese an ihren Schulen jedoch nicht, selbst wenn sie genau dem entsprechen würden, was diese Schulen gerne hätten. Die Liste der zugelassenen Lehrmittel verhindert es (z.B. in NRW).

Warum hat sich das Schulbuch nicht mit der Zeit gewandelt? Warum sind Schulen durch Zulassungsverfahren und die daraus resultierende Liste der zugelassenen Lehrwerke in ihrer Auswahl eingeschränkt? Müssen Schulbücher immer wieder veraltet sein? Schulen sollen heute selbständig sein. Ihre Schulbücher können sie jedoch nicht frei wählen. Das ist ein Widerspruch in sich. In Finnland z.B. ist vorgegeben, was am Ende der Schullaufbahn herauskommen soll. Wie die Schulen dort hin kommen, mit welchen Lehrmitteln, das bleibt den Schulen selbst überlassen, denn sie sind tatsächlich selbständige Schulen.

Jede Schule kann selber entscheiden, welches Unterrichtsmaterial sie zur Erreichung des Lehrplans einsetzt, denn auch die Genehmigungspflicht für Schulbücher fiel durch die Reform der 90er Jahre weg.“ Quelle: Finnland – Hans Joss, Word Dokumente

Man vertraut auf die gute Ausbildung der finnischen Lehrerinnen und Lehrer, dass sie nicht nur die richtigen Methoden wählen werden, sondern auch die richtigen Materialien.

Lehrer wollen freier wählen und kombinieren können und das gilt nicht nur für die, welche schon digital arbeiten.

„Etwa 30 Prozent der Lehrer nutzen bereits digitale Medien für ihren Unterricht. Ein Teil der Lehrer, das wurde in der Diskussion deutlich, fühlt sich durch digitale Lehrbücher, die sich nicht bearbeiten lassen, von den Verlagen geradezu entmündigt. Gefordert seien stattdessen frei kombinierbare Lehrmodule (idealerweise verschiedener Verlage), die den Lehrer bei der Konzipierung einer Unterrichtsstunde unterstützen. Diese im Podium umstrittene Ansicht stützte Christian Fey (Uni Augsburg): In einer aktuellen Studie seines Fachbereichs habe sich gezeigt, dass Lehrer immer stärker Inhalte verschiedener Lehr- und Arbeitsbücher, Internetquellen und weiterer Medien frei kombinieren würden.“ Quelle, Börsenblatt, 15.11.2012

Bei uns trägt man diesem Wunsch nicht Rechnung. Es hat sich bisher nichts geändert. Die Zulassungslisten bleiben und ersticken damit jede Innovation. Verlage könnten ihre Schulbücher durchaus auch modular anbieten. So könnten in den Schulen die Fachschaften ihre Fachbücher entsprechend ihren Bedürfnissen und pädagogischen Vorstellungen zusammenstellen, nach Inhalt und Umfang, orientiert an Kernlehrplänen und schulinternen Lehrplänen. Man könnte eventuell eine Standardausgabe anbieten, welche Fachschaften dann verändern, indem sie umstellen, ergänzen, reduzieren etc.. Schulen könnten hierbei womöglich sogar eigene Materialien integrieren und im Idealfall die anderer Verlage. Die Plattform auf welcher dieses geschieht, wäre so intelligent angelegt, dass sie das Glossar oder die Vokabelliste oder ähnlich automatisch anpassen könnte. Anschließend würden die Bücher im Print-on-Demand Verfahren gedruckt. Jede Schule erhielte so ihr eigenes individuell zugeschnittenes Fachbuch. Das würde vermutlich nicht einmal wesentlich teurer sein, wenn das Verfahren in großem Umfang genutzt wird.

Was sich bereits im Print realisieren ließe, könnte im digitalen Format noch einmal deutlich gesteigert werden. Digitale Schulbücher ließen sich in Anlehnung an das zuvor skizzierte Modell noch einfacher realisieren, da das Drucken entfiele wie auch die Verteilung von Totholz. Sogar mit dem Digitalen Schulbuch der deutschen Verlage in Version 1.0 ließe sich dieses Modell umsetzen. Echte digitale Schulbücher, welche das volle digitale Potential nutzen könnten zusätzlich direkt digital mit Medien, Interaktivität (soll in Zukunft noch kommen, laut Verlagen) und sozialen Funktionen erweitert werden. Auch aktualisieren ließen sie sich leichter.

Enter OER. Freie Bildungsinhalte können auf zweierlei Weise zu einem modernen Schulbuch beitragen. Variante 1: Sie lassen sich in die modularen Schulbücher der Verlage integrieren. Variante 2: Es existieren freie modulare Schulbücher (open textbooks), die aus freien Bildungsinhalten bestehen und offen für jegliche weitere Inhalte sind.

Dieser Vision folgt – Schulbuch-o-mat:

Unsere Vision vom Schul-E-Book: Es ist modular aufgebaut, enthält verschiedene Aufgaben für verschiedene Lernniveaus, Tests, multimediale Grafiken und Filme. Quelle Schulbuch-o-Mat, Freie Schul-E-Books

Ergänzen könnte man diese Vision sicher noch um Funktionen sozialer Interaktivität.

Wie diese open textbooks nun zustande kommen, ist wieder eine andere Frage. Schulbuch-o-mat ist ein Versuch. Booksprints von entsprechend motivierten Personen aus dem Bildungsbereich könnte ein anderer sein. Auch die Wikibooks stehen am Start und suchen nur noch mehr willige Macher. Braucht es staatlichen Anschub wie in Polen? Kann es auch so gehen? Die Zeit wird zeigen, was geht. Fakt ist jedoch, ändern muss sich etwas. Das Schulbuch ist noch lange nicht tot, doch weiterleben kann es auf Dauer nur, wenn es sich wandelt. Nur so kann es den sich verändernden Anforderungen einer veränderten schulischen Bildung gerecht werden.

Anmerkung: Dieser Beitrag geht davon aus, dass Lernen auch in absehbarer Zukunft noch überwiegend lehrgangsbasiert stattfindet und Schulbücher in diesem Zusammenhang weiterhin Sinn machen.

Tagged with: ,

Hart an der Grenze, doch völlig legal

Posted in Alltag, Urheberrecht by damianduchamps on Januar 20, 2012

Laut der Vereinbarung zwischen den Kultusministerien und Bildungsverlagen vom Dezember 2010 (“Gesamtvertrag zur Einräumung und Vergütung von Ansprüchen nach § 53 UrhG” (PDF)) dürfen Lehrer pro Schuljahr und Klasse je 20 % bzw. maximal 12 Seiten  in Klassenstärke aus einem Lehrbuch kopieren.

Was wäre, wenn man dieses mit System betreibt und damit so weit wie möglich auf die Anschaffung kompletter Klassensätze von Lehrbüchern verzichten könnte? Lehrbücher orientieren sich an Kernlehrplänen und orientieren sich an einem imaginären Schülerquerschnitt. Im Alltag nutzen viele Lehrerinnen und Lehrer aus diesem Grund ohnehin häufig nur Bruchteile der Inhalte eines Lehrbuchs. In meinem Kollegium sind es teilweise gerade einmal 20 – 30 %, welche die Kollegen nutzen. Der Rest wird durch andere Materialien ergänzt, kopiert aus Arbeitsheften oder auch anderen Lehrbüchern.

Solange ein Lehrbuch nicht an einer Schule eingeführt wird und überwiegend als Grundlage des Unterrichts dient, muss es nicht vom Land genehmigt werden. Das bedeutet, die Auswahl erhöht sich für Schulen damit deutlich. Es können nun auch Lehrwerke genutzt werden, welche im eigenen Bundesland nicht zugelassen sind, jedoch in anderen Bundesländern.

Nutzte man die Möglichkeiten der Vereinbarung zwischen Kultusministerien und den Bildungsverlagen also mit System, so  würde man das Erlaubte maximal ausschöpfen. Je Jahrgang würde man alle verfügbaren und brauchbaren Lehrwerke, Arbeitshefte, Lernkarteien und so weiter für das jeweilige Fach anschaffen. Daraus würde man dann je Klasse in Klassenstärke die erlaubten 12 Seiten heraus kopieren. Man würde sich dabei aus jedem verfügbaren Material die Rosinen herauspicken und so das Unterrichtsmaterial nach den eigenen Vorstellungen und den Bedürfnissen der Klasse zusammenstellen können. Das Kopieren bzw. Drucken ließe sich aus den Geldern bezahlen, welche man durch die Nichtanschaffung von Klassensätzen eingespart. Dort, wo es eine Elternanteil gibt, könnte man das Geld von den Eltern entsprechend einsammeln. Nach meiner Einschätzung sollte es mit diesem Verfahren durchaus möglich sein, allen für ein Schuljahr notwendigen Stoff zusammen zu bekommen.

Mit dieser kreativen Ausschöpfung des Rahmens, welchen der Vertrag setzt, wäre man so in der Lage, die Grenzen der einzelnen Lehrwerke völlig legal zu sprengen. Und bezahlt ist alles und Bildungsverlagen mit der zwischen den Kultusministerien vereinbarten Summe von 7 bis 9 Mio. Euro. Wer also in der Lage und Willens ist, die Spielräume des Vertrages zwischen Kultusministerien und Bildungsverlagen kreativ zu nutzen, kann letztlich sogar als Gewinner dastehen.

Tagged with:

Bestehendes Urheberrecht blockiert den schulischen Alltag

Posted in Alltag, Medienwelt by damianduchamps on November 8, 2011

Mit dem Bekanntwerden des geplanten „Schultrojaners„, mit welchem Bildungsverlage dem Digitalisieren und digitalen Be- und Verarbeiten ihrer Materialien durch Schulen und Lehrer einen Riegel vorschieben wollen, ist eine Diskussion um freie Unterrichtsmaterialien in Gang gekommen. Diese Diskussion ist richtig und notwendig und ich hoffe, sie wird in Kürze erste Früchte tragen. Meinen Teil werde ich dazu beitragen, so gut ich kann.

Freie Unterrichtsmaterialien (OER) sind jedoch nur die halbe Lösung. Wie weit die Bildungsverlage sich darauf einlassen werden, ist noch nicht abzusehen. Die bisher zögerlichen Reaktionen lassen zunächst keine große Begeisterung erwarten. Im schlimmsten Fall werden sie ähnlich der Musikindustrie, die im Internet nach Urheberrechtsverletzungen fahndet und dann abmahnt oder anzeigt, die Sammlungen freier Unterrichtsmaterialien nach kleinsten Urheberrechtsverletzungen mittels entsprechender Software durchsuchen und dann zur Tat schreiten, um die unliebsame Konkurrenz durch horrende Schadenersatzforderungen aus dem Weg zu räumen. Ähnlich wie bei Musikformen, welche Samples anderer Künstler nutzen, um daraus neue Kunstwerke zu schaffen, könnten Urheberrechtsverletzungen in Unterrichtsmaterialien aussehen, wenn die Autoren dort Illustrationen oder Formulierungen aus Lehrwerken einbauen.

Von daher finde ich es enorm wichtig, dass auch das Urheberrecht im Zusammenhang mit schulischer und universitärer Bildung noch einmal überarbeitet wird. Es kann nicht sein, dass in einem Land dessen wesentlichste Ressourcen im internationalen Wettbewerb bereits heute sein qualifiziertes Fachpersonal und seine Wissenschaftler sind, die Interessen der Bildungsverlage und des Verlagswesens generell höher gehängt werden als jene der Bildung.

Gerade im schulischen Alltag stellt geltendes Urheberrecht eine große Behinderung dar, die oft dazu führt, dass Lehrerinnen und Lehrer sich entweder (oft unwissentlich) strafbar machen oder aber darauf verzichten müssen, ihr pädagogisches Potenzial zum Wohl der ihnen anvertrauten Kinder voll auszuschöpfen.

Wie kann es durch das derzeit geltende Urheberrecht dazu kommen und das trotz der zwischen den Bildungsverlagen und den Kultusministerien der Länder getroffenen Vereinbarungen, die es eigentlich für den Bildungssektor entschärfen hätten sollen? Ein Blick auf den Alltag von Lehrerinnen und Lehrern zeigt, dass weder das Urheberrecht in seiner derzeitigen Form, noch der Gesamtvertrag zur Einräumung und Vergütung von Ansprüchen nach § 53 UrhG den Bedürfnissen von Schule und Unterricht gerecht werden. Hier besteht ein Problem, welches gegenwärtig sogar durch größere Bildungsetats nicht befriedigend zu lösen wäre.

Im Schulalltag sind Lehrpersonen zu allererst auf die Materialressourcen ihrer Schulen angewiesen. Das sind die Lehrbücher, Arbeitshefte, Lehrerbände, Fachbücher und ähnlich. Häufig sind die in einer Fachschaft verfügbaren Materialien recht begrenzt und oft dazu noch didaktisch oder inhaltlich veraltet.

Selbst wenn sie neu und aktuell sind, bieten Lehrbücher oftmals Materialien an, welche sich nicht mit den eigenen pädagogischen Vorstellungen oder aber den Bedürfnissen der Schülerinnen und Schüler an der jeweiligen Schule in Übereinstimmung bringen lassen. Mal eben ein zusätzliches Arbeitsheft in der Klasse anschaffen lassen oder als Klassensatz über die Schule, ist meist nicht möglich. Der Elternanteil im Bundesland NRW ist in der Regel mit den Lehrbuch- und Arbeitsheftanschaffungen ausgeschöpft und die schulischen Lehrmitteletats sind so knapp bemessen, dass nicht ausreichend viele Zusatzmaterialien angeschafft werden können. In Ländern ohne Elternanteil sieht die finanzielle Situation nicht anders aus. So investieren Lehrerinnen und Lehrer im Laufe ihrer Berufstätigkeit viel Geld aus der eigenen Tasche in die Anschaffung weiterer Materialien. Das ist übrigens eine im öffentlichen Bewusstsein oft übersehene Tatsache. Welcher Anstreicher würde etwa auf die Idee kommen, selbst die Farbe für den nächsten Auftrag, an dem er für seinen Arbeitgeber arbeitet, zu kaufen, welcher Zerspanungsmechaniker würde das Öl zum Schmieren seiner Fräse mitbringen oder die Ersatzteile bezahlen?

Doch auch mit der Anschaffung von Materialien auf eigene Kosten sind nicht alle Probleme gelöst. Sie ließen sich auch durch größere Etats nicht lösen. Zugekaufte Materialien haben oft den Nachteil, dass sie nicht mit dem Material des in der Schule genutzten Lehrwerks zusammenpassen. Im fremdsprachlichen Unterricht passt das Vokabular nicht oder das Anspruchsniveau, im Mathematikunterricht stimmt der Rechenweg nicht mit dem im Lehrwerk vermittelten überein und ähnlich, sind hier Beispiele.

Viele Kolleginnen und Kollegen investieren deswegen zusätzlich Unmengen an Zeit und Energie in die Erstellung eigener Materialien. Damit versuchen sie, die Unzulänglichkeiten der ihnen zur Verfügung stehenden Materialien auszugleichen und sie auf die speziellen Bedürfnisse ihrer Lerngruppen anzupassen. Vor allem Berufseinsteiger entfalten oft eine ungeheure Kreativität und erstellen viele eigene Materialien, um moderne didaktische Konzepte oder eigene Ideen zu verwirklichen. Aber auch erfahrene Lehrerinnen und Lehrer tüfteln immer wieder an eigenen Materialien. Ohne, das lernt jeder, der im Bildungsgeschäft seinem Auftrag wirklich gerecht werden möchte, geht es einfach nicht.

Dabei ergibt sich ein großes Problem. Je größer die Eigenleistung, desto umfangreicher der zeitliche Aufwand. Ansprechende Materialien leben darüber hinaus auch häufig von der Illustration durch Zeichnungen oder Fotos. Nur wenige Unterrichtende sind talentiert genug, eigene Zeichnungen oder Bilder zu erstellen und auch Fotos kann nicht jeder zum gewünschten Thema erstellen. Je nach Fach werden kleinere oder größere Texte benötigt, für welche dann Aufgaben erstellt werden. Nicht jeder ist ein guter Schreiber und im Fremdsprachenunterricht verfügt nicht jeder Fachlehrer über eine ausreichende Flüssigkeit in der unterrichteten Fremdsprache, um selbst authentische Texte zu erstellen. Die Materialien der Verlage bieten sich in allen beschriebenen Fällen als Steinbruch an.

Bei der Erstellung eigener Materialien dienen die Materialien aus Verlagsprodukten so als Grundlage, werden kombiniert mit Materialien aus anderen Quellen und dann um eigene Aufgabenstellungen oder Materialien ergänzt. Doch schon genau damit werden die gegenwärtig sehr eng gesetzten Urheberrechte, welche auf diesen Werken der Schulbuchverlage liegen, verletzt.

Im schulischen Alltag ist eine derartige Urheberrechtsverletzung nicht weiter tragisch, da sie nicht überprüfbar ist durch die Verlage. Wo kein Kläger, da kein Richter.

Anders aber verhält es sich bei den Materialbörsen im Internet, Plattformen wie 4teachers oder ZUM und ähnlich. Die angebotenen Materialien sind häufig nicht so umfangreich, wie man erwarten würde, wenn doch jeder mitmachen kann. Viele wundern sich, woran das liegen mag. Es ist nicht unbedingt darauf zurückzuführen, dass Lehrer ihre erstellten Materialien nicht gerne mit anderen teilen würden. Die Ursache liegt vielfach genau in der oben beschriebenen Art und Weise, wie die für diese Plattformen in Frage kommenden Materialien entstehen. Da sie Materialien enthalten, in welchen die Rechte Dritter berührt werden, und sei es nur die kleine Zeichnung oder der Lehrbuchtext, können die Lehrer sie nicht für ihre Kollegen auf der ganzen Welt zur Verfügung stellen. Die Mehrheit der von Lehrern selbst erstellten Materialien bleiben so im heimischen Arbeitszimmer, im eigenen Computer oder im eigenen Kollegium und in der eigenen Schule. Gleiches trifft übrigens auch für viele Materialien zu, welche Federführungsgruppen für die Lehrerfortbildung erstellen.

Es besteht, so konnte ich hoffentlich deutlich machen, ein akuter Bedarf, sowohl das Urheberrecht als auch den ergänzenden Gesamtvertrag zur Einräumung und Vergütung von Ansprüchen nach § 53 UrhG zu überarbeiten und zwar so, dass eine generelle Entschärfung für den Bildungsbereich vorgenommen und die einseitige Bevorteilung der Verlagsinteressen aufgehoben wird.

ICT – und gut Ding will Weile haben

Posted in Alltag, Medienwelt, Schulentwicklung by damianduchamps on Januar 31, 2011

Als ich dieser Tage wieder einmal über die so genannten neuen Medien und Schule nachdachte, da kam mir ein Vergleich mit der Automobiltechnologie in den Sinn.

Wenn man sich vorstellt, dass Computer als Instrumente zur Nutzung der neuen digitalen Möglichkeiten vergleichbar zu Automobilen sind, dann ergibt sich für mich das folgende Bild.

Viele Schulen verfügen über ein oder zwei Omnibusse, die je nach Finanzkraft der Schulträger oft schon in die Jahre gekommen sind. Meist haben diese Omnibusse nicht einmal Sitzplätze für alle Schüler. Der Busfahrer hat meist keinen Führerschein, da er im Alltag noch lieber auf seine Pferdekutsche setzt. Und wenn er denn in der Lage ist, den Bus zumindest in Gang zu setzen und zu lenken, so traut er sich gerade einmal, eine Runde durch den Ort zu fahren. Auf die Autobahn und in die nächste größere Stadt oder gar ins Ausland, da wird er nicht hinfahren, das traut er sich nicht zu, da hat er Angst, und vielleicht kann er es auch nicht. Seine Schüler kennen die moderne Technologie der Fortbewegung häufig schon besser, teilweise jedoch nur oberflächlich besser. Die Schüler ans Steuer lassen, das kommt für die meisten Lehrer natürlich nicht infrage. Immerhin müssen sie die Kontrolle behalten und für die Sicherheit der ganzen Klasse Sorge tragen.

In manchen Schulen gibt es auch einzelne Automobile für einzelne Klassen. Aber hier kann immer nur einer, vielleicht können auch zwei mit dem Auto auf die Reise gehen. Das Fahren haben sich die Schüler meistens selber beigebracht. Der Lehrer ist als Fahrlehrer sowieso nicht zu brauchen, wenn es um Automobile geht. Mit Pferden und seiner Kutsche, da kennt er sich aus. Doch beim Automobil, da nutzt das wenig. Hier steht er häufig dabei und staunt, wie selbstverständlich die jungen Leute mit der neuen Technologie umgehen. Oft ist ihm das sogar recht unheimlich. Zuhause hat er tatsächlich ein Automobil. Irgendwann ging es nicht mehr anders. Er muss damit zur Schule fahren und gelegentlich fährt er damit zur Bank, um die neusten Auszüge zu holen oder eine Überweisung abzugeben. Auch zur Bibliothek und zur Buchhandlung fährt er schon mal und holt sich neue Unterrichtsmaterialien. Ein oder zwei Mal im Jahr fährt er auch zum Reisebüro und bucht seine Urlaubsreise. Ganz abenteuerlich wird es, wenn er sich denn traut und in die nächste größere Stadt fährt mit seinem Automobil und Einkäufe tätigt. Da braucht er sehr viel Mut, denn es gibt viele unbekannte Neuigkeiten, denen er auf den großen Straßen begegnen kann. Viel lieber ist ihm seine Kutsche und der kleine Ort, in welchem er wohnt. Hier hatte quasi alles vor der Türe, das Terrain ist ihm vertraut.

Mit einem einzelnen Automobil für eine Klasse kann man nicht wirklich viel erreichen, denn die Klasse kann immer nur einzelne Schüler losschicken oder eventuell Paare. Dass man gemeinsam hinausgeht und den großen Verkehrsstrom aufsucht und darin mitschwimmt, das geht nicht.

Manche Schulen sind vielleicht etwas moderner und haben Automobilklassen. Da kommt jeder Schüler mit dem eigenen Automobil. Diese Klassen können gemeinsam hinausfahren in die große weite Welt und müssen dabei nicht zu zweit auf einem engen Sitz im Omnibus alle in die gleiche Richtung fahren.

Es gibt Schulen, die versuchen einen Zwischenlösung und haben ein so genanntes Automobil Pool. Da kann eine Klasse darauf zugreifen, stunden- oder manchmal auch tageweise. Auch diese Klassen können sich hinausbegeben in die große weite Welt, manchmal zu zweit mit einem Automobil und wenn Sie Glück haben sogar jeweils mit einem Automobil für jeden einzelnen Schüler.

Die große weite Welt mit ihren breiten Straßen und schnellen Verkehrsströmen ist jedoch nicht für alle Schüler aller Schulen gleichermaßen zugängig. Auch wenn Schulen über die gleiche Ausstattung mit Automobilen verfügen oder vielleicht auch nur über einen oder zwei Omnibussen, so kann es sein, dass ihre Erkundungsmöglichkeiten in der großen weiten Welt sich deutlich unterscheiden. Da die Verantwortlichen in den Schulen und Zuständigkeiten darüber die große weite Welt fürchten und um die Sicherheit der Kinder bangen, sowie Todesgefahren und mögliche Straftaten und ihre Folgen hinter jeder Abzweigung von den großen Straßen und auf diesen selbst vermuten, sind ihre Fahrzeuge mit den unterschiedlichsten Sicherheitstechniken ausgestattet. Eine Sicherheitstechnik besteht zum Beispiel darin, die Fahrzeuge so sehr zu verbreitern, dass Abzweigungen zu kleinen abgelegenen Dörfern und Gehöften für diese Fahrzeuge zu eng sind und deswegen nicht benutzbar. Wiederum andere verwenden eine Sicherheitstechnik, bei welcher die Schüler auf Tempo 30 gedrosselt sind, auch auf den großen Verkehrsstraßen. Weit kommt man so in einer Doppelstunde nicht und bleibt so den meisten möglichen Gefahren fern. Einige Schulen setzen auf die Verdunkelung der Fenster. Auf den Fensterscheiben der Fahrzeuge lässt man nur wenige Quadratzentimeter große Sichtfenster für den Durchblick frei. Eine recht moderne Technik setzt auf GPS. Bestimmte Regionen außerhalb der Schule gelten als gesperrt und kommt ein Fahrzeug der Schule an ihre Grenzen, setzt ein automatischer Umgelenkprozess ein. Diese Techniken steigern den Nutzwert der verschiedenen Automobile in keiner Weise, sondern mindern ihn eher. Den Verantwortlichen ist das jedoch lieber. Zwar haben die Fahrten hinaus in die weite Welt dann wenig mit dem wirklichen Leben zu tun, doch fühlen sie sich so auf der sicheren Seite. Vielen Lehrern ist das lieb, denn es nimmt sie ein Stück weit aus der Verantwortung.

Natürlich hinkt dieser Vergleich an vielen Stellen. Es gibt jedoch tatsächlich auch Parallelen. Wenn man zurück schaut, so dauerte die Einführung von Automobilen gerade in den Anfangsjahren ziemlich lange. Zunächst fehlte es an vielen Stellen an der notwendigen Infrastruktur. Benzin gab es nur beim Apotheker und Automobile waren teuer. Von den Anfängen bis zum Automobil als dem Fortbewegungsmittel der Massen hat es einige Jahrzehnte gedauert. Ein sehr großer Unterschied meines Vergleichs von Computern und anderen modernen digitalen Endgeräten zu Automobilen, ist die wesentlich schnellere Entwicklung der digitalen Technik im Vergleich zur Automobiltechnik.

Ein wenig vergleichbar zum Einsatz von digitalen Endgeräten in der Schule ist vielleicht die Einführung von Taschenrechnern. Auch damit tat man sich zu Anfang enorm schwer, wenngleich die ersten Taschenrechner relativ einfach zu bedienen waren. Die Einführung wurde zunächst natürlich auch durch den hohen Preis der Taschenrechner gebremst. Außerdem gab es in den Kollegien natürlich auch eine Menge Vorbehalte gegen die Nutzung von Taschenrechnern. Durchgesetzt haben sie sich dann letztendlich doch, und heute nutzt jeder Schüler im Laufe seiner Schulzeit auch Taschenrechner.

Es wird wohl noch ein wenig Zeit brauchen, bis wir in der Hand eines jeden Schülers ein digitales Endgerät sehen werden. Ich spreche übrigens immer von „digitalen Endgeräten“, da für mich die Form und der Funktionsumfang dieser Geräte nicht abzusehen ist. Sie werden sicherlich Informationen speichern, kommunizieren können, neue Informationen aufnehmen können, Informationen von außerhalb abrufen können, Informationen austauschen, Information darstellen und manipulieren können und vielleicht noch mehr, was heute kaum vorstellbar ist. Wie diese Geräte aussehen werden, was sie letztlich können und wie sie genutzt werden können, das ist für uns jetzt so wenig präzise vorhersagbar, wie vor 70 Jahren ein Automobil, wie wir es heute benutzen, vorhersagbar gewesen wäre.

Gut Ding will Weile haben. Viele haben es nicht sonderlich eilig, denn die neuen Möglichkeiten sind ihm unheimlich und oft unbegreifbar. Sie fühlen sich vollkommen wohl mit ihrem Pferd und ihrer Kutsche. Für diejenigen, die bereits die neuen Möglichkeiten nutzen, kann der Wandel nicht schnell genug vonstatten gehen. In den Schulen stoßen sie immer wieder an ihre Grenzen. Das, was für sie selbstverständlich ist, ist dort eben nicht Selbstverständlichkeit. So muss man eben aus dem wenigen, was man hat, das Beste machen und sehen, dass man diese Möglichkeiten irgendwie ausbaut. Das ist schwierig und oft frustrierend. Selbst an den Stellen, wo mittlerweile Einsicht herrscht, kommt man oft nicht weiter, da jetzt das Geld fehlt. Gut Ding will Weile haben und Geduld und Ausdauer sind dabei Tugenden, die man haben muss als jemand, der selbst bereits auf der Überholspur bis zum Mond vorgedrungen ist.

 

Wir brauchen den Generationenwechsel

Posted in Alltag, Hauptschule, Schulentwicklung by damianduchamps on Januar 12, 2011

Schulentwicklung braucht Kraft und Energie und zwar direkt vor Ort an den Schulen. Veränderung braucht jedoch auch Köpfe, die sich von alten Vorstellungen lösen können. Eine Episode in meiner Schule, einer kleinen Hauptschule im südlichen Westfalen, machte mir dieses heute wieder einmal mehr als deutlich.

Im überregionalen Teil der Tageszeitung zitierte man ein Gymnasiallehrer aus Ennepetal, der seinen Standpunkt gegen die Gemeinschaftsschule darlegte. Ich selbst hatte den Artikel bereits am Morgen beim Frühstück gelesen. Der Kollege vom Gymnasium spricht sich vor allem gegen längeren gemeinsamen Unterricht aus.

Für einen Teil der Kollegen in meiner Hauptschule war dieser Artikel regelrecht Wasser auf die Mühlen. Ein Kollege hatte den Artikel mitgebracht und reichte ihn in Kopien umher. Durch den Artikel fühlten sich die Kollegen, die ohnehin für das gegliederte Schulsystem sind, in ihrer Meinung mehr als bestätigt. Seht ihr meinten sie, genau das sagen wir auch immer. Gemeinsames Lernen, heterogene Lerngruppen, Inclusion und ähnlich sind ihnen Fremdworte. Sie fahren ihren Unterricht so, wie sie das seit Jahrzehnten tun. Früher hatten wir natürlich auch andere Schüler, die gehen jetzt auf die Realschule oder sogar auf das Gymnasium, sagen sie. Unsere Schüler jetzt, die sind doch einfach nur faul, meinen sie, die wollen nicht lernen, zuhause stimmt es nicht und deswegen wundert es auch nicht, dass sie immer weniger lernen. Die Klassenarbeiten fallen entsprechend von Jahr zu Jahr schlechter aus. Wer nicht will, den kannst du auch nicht fördern. Da müssen erst mal die Eltern. Und in dem Ton geht es weiter.

Und dann kommen natürlich die Migranten dran. Wir haben ja hier nur die Dümmsten. Und viele von ihnen wollen gar nicht hier sein. Am besten gehen sie zurück, dahin wo sie hergekommen sind, so hört man diese Kollegen reden (Sarrazin lässt grüßen – sie finden, was er sagt übrigens richtig).

Spricht man sie dann auf Finnland an, dann sind die Migranten genau das Argument, welches ihnen Recht gibt, dass das finnische Modell hier bei uns auf gar keinen Fall funktionieren kann, denn die haben ja keine oder kaum Migranten. In Kanada habe man zwar mehr Migranten, sagen sie, wenn man nun auf Kanada und dort die Provinz Ontario verweist, aber in Kanada suche man sich seine Einwanderer sehr gezielt aus. Wer dumm ist oder keine Leistung bringen will, der komme gar nicht ins Land hinein. Also lasse sich dieses System mit unserem auch nicht vergleichen, so ihr Argument. Danach wettert man dann vielleicht noch ein wenig auf verfehlte Immigrationspolitik in Deutschland.

Modernere Unterrichtsmethoden, ach hör mir damit auf, meinen sie. Eine jüngere Kollegin, die sehr offen unterrichtet und einen dieser älteren konservativen Kollegen bat, seinen Unterricht in ihrer Klasse doch entsprechend ein wenig anzupassen, bekam zu hören, dass man sich mit 30 Berufsjahren Erfahrung doch nichts von einer jüngeren Kollegen vorschreiben lassen müsse.

Veränderung, dagegen sind diese Kollegen, von denen ich hier berichte, eigentlich nicht. Sie wünschen Veränderung, wie so viele andere auch. Die Veränderung, die Sie sich vorstellen, bedeutet jedoch das Rad um mindestens 20 oder gar 30 Jahre zurück zu drehen.

Nein, sagten sie mal, als bei uns eine Gruppe Veränderungen anstoßen wollte, wir stellen uns euch nicht den Weg, denn ihr müsst sie noch länger unterrichten. Dass sie sich dann an den Veränderungen beteiligen, das könne man von ihnen wohl aber nicht mehr erwarten. Damit war das Thema für sie erledigt.

Was ich hier geschildert habe an Beobachtungen, trifft nur auf einen Teil meines Kollegiums zu und lässt sich auch nicht für alle Kollegen und Kolleginnen über 50 verallgemeinern und das möchte ich auch nicht. Es gibt unter den älteren Kolleginnen und Kollegen viele, die über lange Jahre sehr engagiert an ihrer Schule gearbeitet haben und dieses auch heute noch immer tun, wenn vielleicht auch teilweise mit gedrosselter Energie. Aus meiner Erfahrung muss ich jedoch sagen, dass die veränderungsresistenten überwiegend älteren Kollegen den Entwicklungsprozess meiner Schule nicht unwesentlich be- oder vielleicht sogar auch verhindern. Einige von ihnen werden zum Ende des Schuljahres pensioniert und das ist auch gut so. Sie haben über viele Jahre gute Arbeit geleistet und dafür respektiere ich sie sehr. Ich kann jedoch nicht akzeptieren, dass sie sich als Bildungsprofis selber von Lernprozessen ausschließen. Von daher muss ich sagen, ist es besser, dass sie endlich gehen.

Natürlich wird mit den älteren Kollegen auch eine Menge an Erfahrung gehen und der Schule vielleicht auch fehlen. Es bleibt außerdem zu abzuwarten, ob für die ausscheidenden Kollegen brauchbarer jüngerer Nachwuchs kommen wird. Auch wenn derzeit die Ausbildung an Universität und in Studienseminaren vielfach noch weit von zeitgemäßen didaktischen Ansätzen entfernt ist, so lässt sich alles dieses vernachlässigen, wenn die nachrückenden Lehrerinnen und Lehrer zumindest das notwendige Engagement und die Begeisterung mitbringen, um Schule endlich zu verändern und nach vorne zu bringen. Darauf hoffe ich, und ich hoffe wohl nicht alleine.