Lokale und regionale Archive mit Creative Commons ins Netz
Vermutlich jede Stadt und größere eigenständige Gemeinde unterhält irgendwo ein Archiv, in welchem Schätze aus der lokalen Vergangenheit lagern. Dies sind zumeist Urkunden, Verwaltungsakten, Firmenakten, Nachlässe, Zeitungsartikel, Karten, Postkarten, Bücher, Briefe, Plakate und was sonst als geschichtlich relevant aufbewahrt wird. Alle diese Dinge sind je nach Archiv mehr oder weniger öffentlich zugänglich und können eingesehen und genutzt werden. Vielerorts schlummern diese Schätze im Verborgenen, oft sprichwörtlich in einem abgelegenen Winkel oder im Kellergeschoss des Rathauses oder eines anderen Verwaltungsgebäudes. In manchen Orten gibt es Geschichtsvereine, die in regelmäßigen Abständen Inhalte aus den Archiven in Form von Heften für interessierte Mitbürger publizieren. Manche veröffentlichen jährlich Kalender mit historischen Fotos. Nur wenige Städte und Gemeinden stellen die Inhalte Ihrer Archive online für die interessierte Öffentlichkeit. Häufig beschränken sie sich auf einen geschichtlichen Überblick in einer Rubrik Ihres Internetauftritts, teils noch mit briefmarkengroßen Bildchen, wie man sie in Zeiten eines Internets auf der Basis von Telefonwahlverbindungen in Homepages einpflegte. Teilweise findet man Verzeichnisse der Archivbestände, die sich nach Schlagworten durchsuchen lassen, nicht jedoch die Bestände selbst.
Das finde ich, sind vertane Chancen. Gerade die regionale Geschichte zählt mit zu den spannendsten Teilen der Geschichte, die wir haben. Viele kennen diese Geschichte nur in Bruchstücken aus den Erzählungen älterer Mitglieder der Familie. Das Interessante an der regionalen Geschichte ist der eigene Bezug zu dieser. Die Gegenwart baut auf der Geschichte auf und was vergangen ist, ist nicht immer gleich völlig verschwunden, sondern hinterlässt Spuren und diese lassen sich in der Gegenwart finden und begreifen.
Genau dieses macht Geschichte für Kinder und Jugendliche zu einem spannenden Thema und lässt sie die Welt mit anderen Augen erblicken. Geschichte ist mit einem Mal nicht länger abstrakt auf den Seiten eines Geschichtsbuchs in Form von Texten, Abbildungen und Grafiken verpackt, sondern erhält einen persönlichen Bezug. Geschichte in Form einer Dokumentation im Fernsehen wirkt auf Kinder und Jugendliche oft nicht anders als Unterhaltung, eine Geschichte in einer anderen Realität. Anders jedoch ist es, wenn sie mit dem Wissen um die Geschichte ihres Heimatortes über das Kopfsteinpflaster laufen und sich plötzlich vergegenwärtigen, dass viele Jahrzehnte zuvor Menschen so wie sie, jedoch in anderer Kleidung und mit einem anderen Leben, über genau das gleiche Pflaster liefen. Mit dem Wissen um die Vergangenheit betreten sie dann ein älteres Gebäude mit seinem längst aus der Mode gekommenen Baustil und leicht muffigen Geruch und fühlen sich vielleicht für einen Augenblick in eine entfernte Vergangenheit zurückversetzt, wenn sie sich erinnern, welche Funktionen dieses Gebäude zu jener Zeit hatte.
Hier hätte Geschichtsunterricht eine Gelegenheit, Geschichte wirklich mit Bedeutung zu versehen, spannend und interessant zu machen. Doch Archive führen ein verborgenes Dasein in der analogen Welt und die meisten schlafen ihren Dornröschenschlaf und bleiben für Schule und Bildung als Informationsquellen und Lernorte verschlossen. Wie Bibliotheken haben sie beschränkte Öffnungszeiten (falls sie überhaupt Öffnungszeiten haben) und liegen vor allem im ländlichen Raum außer Reichweite der Schüler. Das war schon zu meiner eigenen Schulzeit nicht anders. Nur wer gerade selbst vor Ort wohnte, die nachmittags schon einmal in die öffentliche Bibliothek. Doch wer außerhalb wohnte, setzte sich nicht in den Bus und fuhr extra in die Hauptgemeinde, um dort in die Bibliothek zu gehen. Das Internet kennt keine Öffnungszeiten und räumlichen Distanzen. Regionale und lokale Geschichte gehört für mich aus genau diesem Grund ins Internet. Es sollte Pflicht eines jeden Archivs sein, seine Inhalte über eine Internetpräsenz der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen.
Die Stadt Heilbronn zeigt mit ihrem Stadtarchiv, wie das gehen kann und geht sogar noch einen Schritt weiter und bereitet Teile seiner Inhalte speziell für Schule und Unterricht auf. Letzteres ist sicherlich nicht für jede Stadt oder Gemeinde mit einem Archiv zu leisten. Doch es sollte zumindest möglich sein, historische Dokumente von öffentlichem Interesse abzufotografieren und zu verschlagworten und zumindest zum Teil auch zu transkribieren. Dieses könnte je nach Lokalität in Zusammenarbeit mit Universitäten und auch Schulen geschehen. Bei Schulen denke ich vor allem an die Oberstufen der Gymnasien. Unterstützung könnte man sicherlich auch durch Geschichtsvereine erhalten. Mancherorts haben Geschichtsvereine eigene Internetauftritte repräsentieren damit lokale Geschichte. Auch darauf könnte man aufbauen. Manche Städte haben so genannte Stadt Wikis, in welchen sich Bereiche zur Lokalgeschichte finden die eine Grundlage bilden könnten für die Arbeit der Archive.
Was Archive veröffentlichen, sollten sie unter Creative Commons Lizenzen als freie Bildungsinhalte (OER) für die Allgemeinheit bereitstellen. Beim Stadtarchiv Heilbronn hat man das getan, wenn auch leider mit einer ND Lizenz, die bedingt, dass man die Inhalte nicht bearbeiten darf.
Es sind sicherlich einige Hürden zu überwinden, wenn man Archive dazu bewegen möchte, ihre Inhalte im Internet zu publizieren. Viele Archive haben zumindest Teile ihrer Bestände digitalisiert. Für das Internet müssten diese Inhalte jedoch noch einmal aufbereitet werden. Dafür wird in vielen Archiven vermutlich das Know-how fehlen. Genauso wenig wird man dort etwas mit Creative Commons Lizenzen anzufangen wissen. Hier ist Aufklärungsarbeit zu leisten, indem man beispielsweise Workshops für Archivare anbietet, etwa von Seiten von Seiten der Universitäten, die in diesem Bereich deutlich mehr Erfahrung besitzen. Letzte Hürde ist sicherlich auch der Kostenfaktor. Will eine Stadt oder Gemeinde umfangreichere Mengen an Material aus dem Archiv im Internet präsentieren, braucht es entsprechender Strukturen im Internetauftritt. Entweder man hat Experten im Haus oder man muss diese engagieren. Eventuell kann man auf die Unterstützung freiwilliger interessierter zum Beispiel aus Geschichtsvereinen zählen.
Mein Aufruf – wenn Ihr Kontakt gehabt zu den Archiven bei euch vor Ort, fragt nach. Auch die politische Schiene kann gut funktionieren. Regionaler Bezug und Bildung zusammen sind immer ein Thema, welches sich gut verkaufen lässt.
Neue Strukturen fordern neue Kompetenzen
Mit dem Web 2.0 wird Goverment 2.0 möglich. Bürger können über Wertschöpfungsketten am Staat beteiligt werden. Wie das funktioniert erläutert Philipp Müller in dem Artikel Bürger machen Staat 2.0, auf den ich durch einen Tweet von @cervus stieß. Den Artikel fand ich ungemein interessant, nicht nur in Hinsicht auf sich ankündigende Veränderungen staatlicher Gestaltungsstrukturen, sondern auch wegen eines kleinen Ausschnittes, der sich mit gesellschaftlichen Veränderungen befasst.
Die Privatsphäre ist auch kein unumstößlicher Wert. Sie ist ein Kind der Moderne. Die Moderne hat uns diese Binaritäten wie privat und öffentlich, Arbeit und Freizeit, Staat und Wirtschaft, Wohlfühlen und Geldverdienen gebracht. Das Web 2.0 weicht diese scharfen Gegensätze nun wieder auf. Dabei stellt sich uns nicht mehr die Frage, ob wir das wollen – die richtige Frage lautet: Wie gehen wir damit um? […] Wer im Web 2.0 auftritt, braucht eine sehr klare Vorstellung davon, wie viel er von sich hergeben will und welche Konsequenzen das möglicherweise haben kann. Und es darf natürlich keinen Zwang geben, ein defensiver Ansatz muss genauso erlaubt sein wie ein offensiver.
In dieser Form las ich das bisher noch nicht und es war mir auch nicht wirklich bewusst, scheint mir nun aber sehr logisch, wenn ich darüber nachdenke. Privatsphäre gab es früher nicht und Freizeit ebenso wenig. Noch weiter zurück lagen auch Staat und Wirtschaft sehr eng bei einander, in der ehemaligen DDR sogar noch bis zur Neuzeit.
Mit dem Netz verwischen einige dieser Trennungen wieder. Arbeit und Freizeit verschmelzen bei vielen Menschen, die im und mit dem Netz arbeiten. Teils geschieht das freiwillig, teils nicht. Manch einer arbeitet fast den ganzen Tag und empfindet es nicht als Arbeit. Andere sind durch das Netz und seine Möglichkeiten immer erreichbar, müssen auf Abruf antreten und haben keine Alternative.
Privatspäre ist eine mühsam gewonnene Abgrenzung des Individuums von der Masse. Gesetze sichern sie, um den Einzelnen vor dem Staat und seinen Instrumenten zu schützen. In unserer Gesellschaft, in der Meinungen und Überzeugungen frei sind, man nicht fürchten muss, sich der Verfolgung auszusetzen, wenn man anders denkt, reißen junge Menschen die Mauern zwischen Privatheit und Öffentlichkeit ein. Das geschieht im blinden Vertrauen auf diese Gegebenheiten. Ältere, die andere Systeme aus eigenem Erleben kennen oder zum Misstrauen gegenüber jeglicher Obrigkeit erzogen wurden, sind da skeptisch und können die Sichtweisen der jungen Generationen nicht nachvollziehen.
Der goldene Weg liegt wohl, wie so oft, irgendwo in der Mitte. Ein jeder muss seinen Weg hier finden. Schule hat dabei eine Aufgabe, und das bedeutet nicht nur Medienkompetenz. Der Begriff ist dafür viel zu eng, denn es ist mehr gefordert. Es geht darum, ein Bewusstsein zu schaffen, so dass junge Menschen befähigt werden, abzuwägen und zu entscheiden.
Google Docs – ein Meilenstein für Schule
Für mich stellt Google Docs, seit es in seinem Funktionsumfang kürzlich mit Features von Etherpad erweitert wurde, einen echten Meilenstein für die Umsetzung von kollaborativem Arbeiten in der Schule dar. Vielen, die von Google Docs gehört haben, ist das, glaube ich, noch nicht klar – und viele mehr wissen nicht einmal, dass es dieses Programm und diese Möglichkeiten überhaupt gibt. Naja, wer hat überhaupt je schon von kollaborativem Arbeiten gehört?
Meine ersten Erfahrungen mit echtem kollaborativem Arbeiten liegen schon fast sieben Jahre zurück. Damals gab es auf dem Mac ein kostenloses Programm mit dem Namen Hydra, später SubEthaEdit. Mit einer Schülergruppe erstellte ich ein Drehbuch für einen Film. Die Schüler saßen dann an drei oder vier Macs und über das lokale Netz konnten alle gemeinsam, zeitgleich am Drehbuch arbeiten. Jeder schrieb seine Rolle und legte ihren Text fest. Die verschiedenen Schreibenden waren an ihren Textfarben zu unterscheiden. Das fertige Drehbuchstück wurde dann jeweils in eine Textverarbeitung kopiert und dort abgespeichert. Seit ich dieses Programm kennengelernt hatte, träumte ich davon, so etwas auch für anderen Unterricht einsetzen zu können, mit mehr Schülern und plattformunabhängig.
Das Programm, welches als erstes in diese Richtung ging, war Etherpad, das ich in seiner Beta kennenlernte. Ich habe es auch genutzt für verschiedene kleinere Unterrichtsprojekte, wünschte mir aber schon noch mehr, eine bessere Möglichkeit, online erstellte Dokumente zu verwalten und einige wenige Formatierungsmöglichkeiten.
Google Docs ist endlich das, was ich suche. Es bietet eine sehr einfache Textverarbeitung mit den gängigsten Formatierungen und einer Rechtschreibkorrektur. Dokumente lassen sich in Ordnern ablegen und verwalten. Freigaben sind einfach zu handhaben. Es gibt eine Versionskontrolle.
Bis zu 50 User können zeitgleich an einem Dokument arbeiten und Beiträge ihrer Mitautoren in Echtzeit verfolgen. Dateien lassen sich in Formaten, die z gängigen Office-Lösungen kompatibel sind, online und lokal abspeichern. Es ist möglich, Dateien vom Rechner auf Google Docs hochzuladen. Google Docs ist plattformunabhängig. Mitautoren müssen nicht über einen Google Account verfügen, um mitarbeiten zu können. Die Webadresse des Dokuments reicht.
Was mir besonders gut an Google Docs gefällt und was es so wertvoll für Schule macht, sind zwei Dinge. Es ist kostenlos und es ist sehr niederschwellig angelegt. Selbst User mit geringen Vorkenntnissen können es leicht bedienen. Alles, was ein Lehrer benötigt, der es im Unterricht einsetzen möchte, ist ein eigener Google Account. Das Anlegen und Einpflegen von Schüler-Usernamen und Kennwortlisten entfällt.
Google Docs bietet als weiteren Vorteil Schülern wie Lehrern die Möglichkeit, von zu Hause direkt auf die Dokumente zugreifen zu können.
Natürlich hat Google Docs auch Nachteile. Es ist von einer funktionierenden und guten Internetverbindung abhängig und es bietet einen deutlich geringeren Funktionsumfang als lokal installierte Textverarbeitungen. Außerdem ist es möglich, dass bei anonymem Zugriff (User ohne Anmeldung und Nutzerkennung) ein einzelner Schüler die Arbeit einer ganzen Gruppe an einem Dokument zu Fall bringen kann, indem er etwa immer wieder alles löscht oder Unsinn schreibt. In einem PC-Raum mit 15 Arbeitsplätzen kann der Übeltäter schwierig zu lokalisieren sein, wenn er Unterstützung aus der Lerngruppe hat. Meiner Erfahrung nach kommen solche Fälle aber eher selten vor. Insgesamt überwiegen die Vorteile, die sich durch kollaboratives Schreiben ergeben deutlich.
Damit das gemeinsame Schreiben und Überarbeiten erfolgreich verläuft, braucht es gewisser Regeln, um das Chaos zu vermeiden, welches sich einstellen kann, wenn Schülergruppen noch keine Erfahrung mit kollaborativem Arbeiten haben. Ein Beispiel für solche Regeln finden sich in dem hervorragenden Blogpost von Maik Riecken, Deutsch kollaborativ mit GoogleDocs, auf den ich über einen Tweet von @MatthiasHeil stieß.
Mit dem hier beschrieben stellt Google Docs für mich die wichtigste Neuerung des Jahres 2010 von für Schule und Unterricht interessanter Software dar. Ich halte dieses Angebot wirklich für einen Meilenstein auf dem Weg zu einem Unterricht, der die Möglichkeiten des Netzes gewinnbringend umsetzten möchte.
Aus diesem Grund werde ich dieses Tool ab sofort in meinen Fortbildungen so vielen Lehrern wie möglich ans Herz legen, vor vielen anderen Lösungen.
Google Docs wird sich weiterentwickeln. Schon jetzt ist es von dem ursprünglichen Onlineeditor Writely, aus dem es entstand, nachdem Google diese Software erwarb, weit voran geschritten. Der heutige Stand wird nicht das Ende sein. Und auch die Konkurrenz schläft nicht. Mircsoft geht mit Microsoft Docs unter http://docs.com an den Start. Dieses ist eine Online-Lösung die mit der Desktopversion von Office 2010 verknüpft zusammenarbeiten soll. Über Facebook und lokale Netzte von Office Anwendern soll es möglich sein, Dokumente mit Facebook Kontakten und Mitarbeitern zu teilen. Das ist aber noch weit hinter Google Docs zurück. Für Schulen ist dieses Angebot damit noch nicht interessant. Man darf gespannt sein, wie sich der Markt für kollaborative Dokumentbearbeitung entwickeln wird.
Mit Online Tabellenkalkulation, Formularen, Mindmaps, Bild-, Audio- und Videobearbeitung eröffnet sich ein ganz neuer Horizont für Schule und Unterricht. Aber dazu mehr in einem anderen Post.
Siehe auch Kollaboratives Schreiben auf Wikipedia
Bildschirme sind schlecht – oh no, not again!
Auf dem ersten Regionaltreffen des ADZ NRW kam es in einer der ersten Sessions direkt zum „Clash of Cultures“. Die Advokaten des Lernens mit und durch Web 2.0 stießen mit einer Vertreterin der alten Schule zusammen, die mehr an den Schaden durch das über Bildschirme transportierte Medium glaubte als den Gewinn. Wo die beiden von der „Blogschule“ Möglichkeiten sahen, dem Lernen neue Dimensionen zu eröffnen, sah sie zusätzliche Zeit vor dem Computer, die hinzuaddiert zur Zeit, die Kinder und Jugendliche zu Hause vor dem Computer mit Spiel und sozialen Netzen verbringen, ihren Raum zur Bewegung weiter reduziert. „Wenn ich von mir ausgehe,“ sagte sie, und das war für mich der Dreh- und Angelpunkt ihrer Argumentation.
Grundsätzliche Diskussionen dieser Art habe ich schon lange nicht mehr miterlebt und ich fühlte mich gleich um Jahre zurück in die Vergangenheit katapultiert. Interessant an ihrem Standpunkt war vor allem ihre spezielle Perspektive auf die Sache und die war mir neu. Kinder und Jugendliche verbringen zu Hause schon so viel Zeit am Computer, also muss die Schule da nicht noch zusätzlich Zeit oben drauf packen darf. Das klingt auf den ersten Blick nicht unvernünftig.
Natürlich gibt es auch heute noch die Diskussion darum, wie viel Zeit Kinder und Jugendliche vor ihren Computern verbringen sollten, und die Diskussion ist sicher nicht ohne Sinn. Wenn ich allerdings Auseinandersetzungen um die Computernutzung in der Schule höre, so wie die auf dem ersten ADZ NRW Treffen, dann beschleicht mich immer ein Gefühl, dass es letztlich um die Wertigkeit der Computernutzung geht. Besagte Dame („Wenn ich von mir ausgehe“) würde vermutlich kaum auf die Idee kommen, die Zeit, die unsere Kinder mit Lesen in Lehrbüchern, von Arbeitsblätter, von Overheadprojektionen oder in Schulheften verbringen, reduzieren zu wollen, wenn sich diese Kinder zu Hause täglich zwei bis vier Stunden in spannenden und interessanten Büchern vergrüben, anstatt diese Zeit vor dem Computer zu verbringen. Büchern haftet schon immer eine besondere Aura an. Niemand hinterfragt dabei, was Kinder und Jugendliche lesen, wenn sie nur lesen. Und wenn sie dabei tagelang nicht vor die Türe gehen, da sie von früh bis spät in einem spannenden Roman lesen, dann wird auch da niemand auf je auf die Idee kommen, auf den etwaigen Bewegungsmangel hinweisen.
Schule kommt um die Nutzung der neuen Medien nicht umhin, sie darf sich ihnen nicht verweigern (wie es heute noch mehrheitlich geschieht). Unsere Welt verändert sich radikal und Schule ist keine Insel, die sich abschotten kann oder sollte. Schule muss auf ein Leben in dieser sich verändernden Gesellschaft vorbereiten.
Eltern sind nicht besser in der Lage, ihre Kinder auf die sich verändernde Welt vorzubereiten als Schule, eher schlechter, wie die Erfahrung vielfach belegt. Neue Medien sind für die Kinder und Jugendliche von heute wie die Luft die sie atmen und das ist so und es wird so bleiben. Wenn es notwendig ist, Zeit mit den neuen Medien zu reduzieren, dann zu allerletzt in den Schulen, denn Schule ist in der Lage, der Nutzung dieser Medien einen Mehrwert zu verleihen, der über Konsumieren und Kommunizieren hinausgeht. Kinder und Jugendliche nutzen die neuen Medien intensiver als die Generationen vor ihnen, doch sie kratzen oft nur an der Oberfläche dessen, was für sie damit möglich wird. Hier ist Schule gefordert. Wenn also Zeit vor dem Computer reduziert werden muss, dann eher im häuslichen Umfeld und nicht in der Schule.
Ich kann mir vorstellen, dass mit zunehmend mobiler Nutzung der neuen Medienwelten, es ohnehin zu einer Verlagerung dieser Diskussion kommen wird. Häusliche Mediennutzung, die derzeit meist unbeaufsichtigt in Kinder- und Jugendzimmern stattfindet, wir sich in mobiler Form noch weiter der Kontrolle der Erwachsenen entziehen. And what about that?
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