Damian Duchamps' Blog

OER systematisieren – Modelle

Posted in OER by damianduchamps on Juni 11, 2012

Freie Bildungsinhalte (OER) etablieren sich noch recht langsam aber doch stetig im deutschsprachigen Raum. Im englischen Sprachraum ist man da deutlich weiter, auch weil es eine bessere OER Infrastruktur gibt. Zur Steigerung der Akzeptanz von OER ist es sehr wesentlich, das Auffinden für interessierte Nutzer so einfach wie möglich zu machen. Wie Beispiele aus dem In- und Ausland zeigen, gibt es verschiedene Möglichkeiten vorzugehen. Unterscheiden lässt sich grob danach, ob Inhalte vorgehalten werden oder nur Links oder ob es lediglich eine Vereinbarung über entsprechende Meta-Tags gibt, um die Materialien zu markieren. Auch Mischformen sind möglich.

Modell I – zentrale Repositorien – verweisgestützt

Verbreitet und erfolgreich sind Repositorien, welche Inhalte in Form von systematisierten durchsuchbaren Katalogen für Nutzer bereithalten. Inhalte werden dabei entweder von Nutzern selbst eingetragen oder von Redaktionsteams. Qualitätskontrolle erfolgt meist durch ein Redaktionsteam, kann aber auch durch die Nutzer erfolgen. Entscheidend für den Erfolg dieser Form von Repositorien ist neben der Qualität der verlinkten Inhalte die Systematisierung nach Fächern, Schulformen, Jahrgangsstufen, Altersgruppen, Inhalten, Formaten, Medienarten und Lizenzformen. Wer sucht, will sich nicht durch lange Ergebnislisten quälen, sondern möglichst schnell ein brauchbares Ergebnis finden.

Für Anbieter von Inhalten hat das Modell einen großen Vorteil. Es ist für sie nicht notwendig, ihre Inhalte bereits auf der eigenen Seite, auf der sie abgelegt sind, mit besonderen Meta-Tags (bezüglich Fach, Schulform, …) zu versehen, abgesehen von der Creative Commons Lizenz. Das kann bequem im Repositorium erfolgen, gegebenenfalls sogar mit einem vorgefertigten System, aus welchem nur noch ausgewählt werden muss.

Modell II – zentrale Repositorien – speichergestützt

Repositorien, welche diesem Modell folgen, sind in der Regel sehr spezialisiert und beschränken sich überwiegend auf bestimmte Medienformen. Anders als Repositorien, die nur durch Links verweisen, speichern diese zentralen Repositorien Inhalte selbst ab und machen sie durch Such- und Filterfunktionen zugänglich für User. Vorteil ist hierbei, dass alle Inhalte verlässlich an einem Ort zusammengefasst vorliegen, zumeist in standardisierten Formaten. Für Urheber von Inhalten bietet sich die Möglichkeit, ihre Inhalte online zu bringen und der Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen, ohne selbst über Online Speicherplatz zu verfügen. Gerade bei datenintensiven Medien wie Filmen übernehmen diese zentralen Repositorien zudem die Serverlast und für Einzeluser sonst oft sehr hohe Bandbreitenkosten.

Modell III – dezentral – suchmaschinengestützt

Verlagert man alles komplett auf Suchmaschinen, wie derzeit bereits mit Google möglich, braucht es keine spezielle Webseite und keine Verantwortlichen. Der User ist komplett selbst verantwortlich, dass seine angebotenen freien Bildungsinhalte von den Suchmaschinen gefunden werden. Er muss sehen, dass er die Creative Commons Lizenzinformationen korrekt einbindet und die freien Bildungsinhalte auf seiner eigenen Website so einbindet, dass sie von der Suchmaschine möglichst gut erfasst werden. In Abhängigkeit davon werden die Inhalte von anderen Nutzern mehr oder weniger gut über die Suche gefunden. Eventuell können über größere Gruppen in der Bildungscommunity Absprachen getroffen werden bezüglich zusätzlicher Meta-Tags, mit welchen freie Bildungsinhalte extra gekennzeichnet werden, um das gezielte Suchen zu erleichtern. Derartige Quasi-Standards könnten Meta-Tags sein, die Infos zu Fächern, Schulformen, Jahrgangsstufen etc. enthalten.

Zur Zeit ragt vor allem Google damit heraus, dass über die erweiterte Suche eine vereinfachte Suche gefiltert nach Creative Commons Lizenzform  möglich ist. Andere Suchmaschinen wie auch Google selbst erlauben vergleichbare Suchen über die entsprechende Kombination von Suchbegriffen mit den Namen von Creative Commons Lizenzformen und Suchoperatoren.

Etablieren sich dezentrale Lösungen mit verabredeten Meta-Tag auf breiter Basis, könnte es zu Problemen durch Linkspam kommen, indem Spammer die Meta-Tags missbrauchen und damit die Suchergebnisse drastisch verschlechtern.

Modell IV – Mischformen

Freie Bildungsinhalte werden von verschiedenen Urhebern zur Verfügung gestellt und es ist alleine schon deswegen unmöglich und vermutlich auch unpraktisch, versuchen zu wollen, alles nach Modell II an einem Ort zu sammeln. Ideal werden von daher Modelle sein, welche eine möglichst große Bandbreite an Angeboten erfassen und systematisieren können.

ZUM

Qualitätskontrolle

Hier im deutschsprachigen Raum steht OER noch am Anfang der Entwicklung und man ist froh, überhaupt freie Bildungsinhalte in irgend einer Form auffindbar zu machen. Egal welches der oben beschriebenen Modelle gewählt wird, früher oder später wird die Qualitätsfrage Bedeutung erlangen. Die Qualität von freien Bildungsmaterialien kann eine große Bandbreite haben, je nach Urheber. Sie können inhaltliche Fehler enthalten, didaktisch schlecht aufbereitet sein, nicht ansprechend , nicht mehr aktuell oder ähnlich. Qualitätskontrolle und eine entsprechende Kennzeichnung der Materialien in den Suchergebnissen ist deshalb auf Dauer sehr sinnvoll, um Nutzern das Auffinden der geeignetsten freien Bildungsinhalte zu erleichtern. Die Qualitätskontrolle könnte durch Nutzer selbst erfolgen und beispielsweise durch Vergabe von Sternen und Bewertungstexte, ähnlich Amazons Rezensionsmodell.

Wettbewerb

Die Praxis zeigt, vor allem in den USA, dass sich keines der vorgestellten Modelle als alleiniges durchsetzt. Jedes hat seine Vor- und Nachteile. Zudem gibt es am Markt der OER meist mehrere Akteure. Das heißt, verschiedene Organisationen stellen über Webangebote freie Bildungsinhalte nach ihren Vorstellungen und Möglichkeiten für Nutzer zur Verfügung. Das ist auch im deutschen Sprachraum bereits der Fall, wenngleich in Teilen deutlich weniger systematisiert.

Neben verschiedenen Anbietern von OER dürfen auch kommerzielle Angebote nicht außer Acht gelassen werden. Diese bestehen bereits in großem Umfang am deutschsprachigen Bildungsmarkt. Frei nutzbar wie OER taugt nur, wenn es durch eine gute Systematisierung und Qualitätskontrolle für den Nutzer einen Wert erhält. Das Beispiel iTunes zeigt, dass Nutzer häufig bereit sind, mit gewissen Einschränkungen zu leben (z.B. DRM) und Geld auszugeben, wenn das kommerzielle Angebot besser ist als das freie. Bevor Nutzer sich durch eine Anzahl unpassender oder qualitativ nicht ihren Vorstellungen entsprechenden Materialien arbeiten, werden viele den einfacheren Weg wählen und auf kommerzielle Angebote zurückgreifen, wenn dort die Materialien, welche ihren Vorstellungen entsprechen, leichter  auffindbar sind. Dieser Konkurrenz müssen sich Angebote freier Bildungsinhalte stellen, wollen sie erfolgreich sein.

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