Damian Duchamps' Blog

Rechtliche Hürden der Mediennutzung im Lehreralltag

Posted in Medienwelt by damianduchamps on November 21, 2010

Mediennutzung bewegt sich im schulischen Alltag oft in einer rechtlichen Grauzone. Aus diesem Grund verbindet sich für viele Lehrer die Mediennutzung häufig mit einem Gefühl der Unsicherheit oder auch der Angst, etwas Illegales zu tun. Manch einer verzichtet zum Teil aus genau diesem Grund auf eine häufigere Mediennutzung. Andere ignorieren rechtliche Aspekte und tun und lassen schon seit Jahren oder Jahrzehnten, was sie wollen, denn gezielte Kontrollen gibt es zum Glück bisher nicht. Ich frage mich allerdings schon seit langer Zeit, ob es notwendig ist, diesen Zustand auf Dauer beizubehalten. Eine deutliche Veränderung des Copyright zu Gunsten der Bildung scheint mir dringend notwendig. Bisherige Gesetzesinitiativen gingen eindeutig nicht weit genug, da die Interessen der Rechteinhaber von der Politik deutlich stärker bewertet wurden.

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Nachhilfe spiegelt dem Schulsystem das eigene Versagen

Posted in Schulentwicklung, Schulpolitik by damianduchamps on November 7, 2010

Schule funktioniert in Deutschland wie in manchen anderen Ländern schon seit vielen Jahren nicht mehr richtig. Es wird auch schon seit vielen Jahren darüber geredet und debattiert. Ein Punkt, dem dabei meiner Meinung nach viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt wird, ist das Thema Nachhilfe. Ein Schüler bekommt in der Regel Nachhilfe, wenn er oder sie im Stoff zurückfällt und die Noten immer schlechter werden. Nachhilfe ist Hilfe außerhalb des Systems Schule.

Es hat Nachhilfe in verschiedener Form schon immer gegeben. In der einfachsten Form setzen sich die Eltern oder Geschwister oder vielleicht auch ein Verwandter mit dem Kind hin und erklären, was es nicht verstanden hat oder üben, was noch nicht richtig sitzt. Hier spricht eigentlich kaum jemand von Nachhilfe. Wenn die Probleme sehr massiv sind, die Personen im näheren Umkreis des Kindes überfordert sind oder keine Zeit haben, dann kommt die bezahlte Nachhilfe ins Spiel. Entweder es handelt sich dann um einen älteren Schüler, einen Studenten oder vielleicht auch einen Lehrer oder anderen Fachmann. Und alle die verlangen Geld für die Dienstleistung Nachhilfe. Heute bedeutet Nachhilfe in den meisten Fällen Nachhilfe in einem spezialisierten Institut. Laut einer Bertelsmann Studie (siehe Link am Ende des Beitrags) erhält etwa jeder neunte Schüler Nachhilfe und Eltern geben dafür in Deutschland geschätzte 942 Millionen bis 1,47 Milliarden Euro aus, jährlich. Überwiegend sind die Schüler von Gymnasien und Realschulen Kunden der Nachhilfeinstitute. Aber auch Grundschüler der vierten Klasse sind schon mit etwa 15 % (laut IGLU Studie 2006) dabei. Nachhilfe ist teuer, und deshalb kann nicht jede Familie sich diesen Luxus leisten. Vermutlich wäre die Zahl der Schüler, welche professionellen Nachhilfe in Anspruch nimmt, noch höher, wenn die Kosten geringer wären.

Was ich an allen diesen Zahlen erschreckend finde, ist die Tatsache, dass aus der Nachhilfe eine regelrechte Industrie werden konnte. Die bekannten Institute haben heute Niederlassungen in jedem größeren Ort. Überall ist Bedarf. In diesem Phänomen manifestiert sich für mich letztlich das Versagen von Schule in Deutschland. Wie kann es sein, dass Schüler außerhalb der Schule derart massiv um Hilfe suchen müssen, um im System Schule bestehen zu können? Wie können Lehrer es mit ihrem Berufsethos vereinbaren, dass ihre Schüler bei ihnen nicht genug lernen, um ihren Anforderungen zu genügen? Das ist letztlich nicht anders als wenn ein Patient nach der ungenügenden Behandlung durch Ärzte zu einem Medizinmann geht.

In der Schule wird das Thema professionelle Nachhilfe in der Regel totgeschwiegen. Irgendwie ist es letztlich auch peinlich. Wer zugibt, dass Schüler mit externer Hilfe gutmachen, was Lehrer nicht leisten können, muss sich das eigene Versagen eingestehen.

Es erstaunt mich eigentlich nicht mehr, dass in einigen anderen Ländern Schüler fast völlig ohne Nachhilfe auskommen. Niemanden wird es überraschen, dass dieses genau jene Länder sind, welche in den internationalen Lernstandstests gut abgeschnitten haben, Kanada, die Niederlande und natürlich auch Finnland.

Wir wissen, was in diesen Ländern anders läuft, und in Teilen hat die Schulpolitik bereits darauf reagiert. Auch die Pädagogik ist schon lange deutlich weiter. Schlagworte wie individuelle Förderung, individuelles Lernen, schülerorientierter Unterricht und ähnlich spiegeln das wieder. Nur in Schule und Lehrerausbildung kommt davon derzeit noch herzlich wenig an.

Viele Lehrer beklagen mangelnde Erziehung durch die Eltern sowie fehlende Bereitschaft zum Lernen, Faulheit und Desinteresse und auch Dummheit bei den Schülern, und sehen darin die Ursache für die schulischen Problemen ihrer Schüler. Auch wenn es keine methodisch einwandfreien und umfassenden Untersuchungen zur Wirksamkeit von Nachhilfe gibt, so „weisen Studien eher darauf hin, dass Nachhilfe tatsächlich wirkt“ (FAZ Artikel). Sie wirkt sicher nicht nur, weil die Eltern dafür bezahlen, oder sie die letzte und einzige Möglichkeit ist, etwa ein Sitzenbleiben zu vermeiden oder einen Abschluss zu retten. Was die Nachhilfe auf jeden Fall zeigt, Schüler, die in der Schule nichts lernen, können doch lernen, egal was sie dazu bewegt.

Vor allem diejenigen Lehrer, welche das Scheitern ihres Unterrichts auf die Schüler, ihre Eltern oder andere externe Faktoren zurückführen, sollten sich diese Tatsache vor Augen halten. Irgendetwas an Ihrer Argumentation passt hier nicht.

Für mich ist es einer der schlagensten Belege dafür, dass Schule sich verändern muss. Und dabei geht es mir vor allem um die Veränderung des Unterrichts, unabhängig davon, ob wir nun eine Einheitsschule oder ein gegliedertes Schulsystem in welcher Form auch immer haben. Unterricht ist und bleibt das zentrale Element von Schule. Hier muss Veränderung zuerst ansetzen. Veränderungen in der Struktur von Schule, ob Einheitsschule oder gegliedertes Schulsystem, ob Halbtag oder Ganztag, ob 45 oder 60 min Stunden, können diese Veränderungen unterstützen oder im schlimmsten Fall auch beeinträchtigen, jedoch nicht unmöglich machen. Das zumindest ist meine Überzeugung. Es braucht lediglich Menschen, welche die Veränderung wollen.

Siehe auch: Gelernt wird am Nachmittag (FAZ, 30. April 2010), Nachhilfe kostet bis zu 1,5 Milliarden Euro pro Jahr (Bertelsmann Pressemittelung), Ausgaben für Nachhilfe – teurer und unfairer Ausgleich für fehlende individuelle Förderung (PDF mit Ergebnissen der Studie)

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