Damian Duchamps' Blog

#chat16 – Nachlese – Teil 1 – MIFD

Posted in Individuelle Förderung, Schulentwicklung, Tools by damianduchamps on Oktober 9, 2016

Nachdem ich mir einen kräftigen Tritt in den Allerwertesten gegeben hatte, war ich tatsächlich auch meiner Höhle gekommen und hatte mich aus dem südlichen Sauerland auf den Weg nach Hattingen gemacht. Es hat sich gelohnt, wie ich finde. Hier meine Nachlese.

MIFD (Modell individuelle Förderung digital)

Diese Session war für mich persönlich der größte Gewinn, da das Modell, welches Jan Hambusch (@teachham) und Tobias Rodemerk (@integrate2learn) vorstellten, mich bei meiner Arbeit ein ganzes Stück weiterbringen wird.

Infos über das Modell und einen Download des Posters mit dem Modell gibt es unter integrate2learn.de.

Gemäß der Vorgabe:

Frage nicht, „Welche App kann ich in Mathe verwenden?“ Frage: „Wie kann ich meinen Unterricht mit Tablets verändern?“

entstand ein Modell mit drei zentralen Handlungsfeldern für die individuelle Förderung mit digitalen Tools. Eine Grundlage bei der Erarbeitung des Modells war die Hattie Studie, worin die Wirksamkeit verschiedener Faktoren für das Gelingen von gutem Unterricht untersucht wurde. Die drei zentralen Elemente guten Unterrichts sind demnach die Klassenführung, die Diagnose und die Lernzeitgestaltung. Jedem dieser Elemente ist im Modell eine Handlungsebene untergeordnet mit jeweils drei Elementen, die um ihre Effektivität nach John Hattie ergänzt sind. Der Handlungsebene sind jeweils in einem weiteren Ring Eigenschaften von Apps zugeordnet und was diese zur Umsetzung der Handlungen auf der Handlungsebene beitragen können. Auf der äußersten Ebene, dem äußeren Ring, werden dann Apps aufgeführt, welche diese Eigenschaften haben. Berücksichtigt wurde bei der Auswahl der Apps auch das Kriterium Datenschutz. Über Ringe um die Apps in grün, gelb und rot wird markiert, ob sich die Apps in Bezug auf Datenschutz der Schüler ohne Bedenken einsetzen lassen, nur mit Einschränkungen oder ob die Risiken vielleicht zu hoch sein könnten.

Die Vorstellung des Modells beschränkte sich nicht auf dieses selbst, sondern wurde mit praktischen Beispielen fortgeführt. Am Beispiel verschiedener Apps/Online Tools wurde das Modell in Ausschnitten beleuchtet.

Ein Beispiel war etwa no red ink, welches Jan Hambusch im Englischunterricht am Berufskolleg einsetzt. Vorgestellt wurde auch formative als eine Möglichkeit für Lehrer, unmittelbares Feedback zu einer Aufgabe zu geben, während die Schüler daran arbeiten. Das Schöne dabei ist, dass der Lehrer die Arbeit aller Schüler direkt im Blick hat und sofort Unterstützung anbieten kann. Ein Tool wie dieses könnte Lehrer dazu verleiten, direkt Druck auf Schüler auszuüben, wenn diese nicht sofort mit der Arbeit beginnen oder eine Zeit lang nichts tun. Klar, dass dieses keine zuträgliche Idee wäre.

In seinem Englischunterricht lässt Jan Hambusch auch Videos erstellen. Hier nutzt er dann Coach’s eye Feedback durch eine direkte Annotierung im Video zu geben. Dieses sei deutlich effektiver als ein Feedback im Anschluss, da man so die Rückmeldung direkt an der Stelle gibt, wo sie inhaltlich hingehört.

Ein Beispiel für Audiofeedback am Beispiel Englischunterricht gab es ebenfalls. Schüler hatten den Auftrag, etwas zu sprechen und dieses aufzunehmen. Feedback erhalten sie durch ihre Mitschüler, mit denen sie ihre Aufnahme teilen, ebenfalls im Audioformat. Dieses sei sehr effektiv, meinte Jan Hambusch, da Schüler sehr wohl in der Lage seien, Fehler bei ihren Mitschülern zu erkennen. Die im Beispiel genutzte App war eine iPad App, Opinion Podcast, die eigentlich für das Erstellen von Podcasts gedacht ist. Sie bietet aber auch die Möglichkeit, Aufnahmen zu teilen. Das Verfahren ist auch mit anderen Apps möglich, solange sie eine Funktion haben, die eine Weitergabe der Aufnahme an andere erlaubt.

MIFD, das Modell individuelle Förderung digital, stellt für mich das erste umfassende und sachlich fundierte Konzept dar, individuelle Förderung in der Schule mit digitalen Möglichkeiten systematisch zu integrieren. Die Möglichkeiten, die sich für Unterricht bieten, sind enorm, und wer nach dem berühmten Mehrwert des Einsatzes von digitalen Tools im Unterricht sucht, der muss blind sein oder ideologisch völlig anti digital verbohrt, wenn er/sie ihn hier nicht erkennt.

Mir wird das Modell nicht nur bei der Weiterentwicklung meines eigenen Unterrichts wertvolle Anregungen bieten, sondern auch bei meinen zukünftigen Beratungen  von Schulen und Fortbildungen von Lehrern eine wichtige Rolle spielen.

Weitere Lektüre: MIFD in der Praxis: Diagnose und Selbsteinschätzung

Was bitte ist „Individuelle Förderung“? (1)

Posted in Hauptschule, Schulentwicklung by damianduchamps on Juli 18, 2010

Wer ab und an in mein Blog schaut, hat gesehen, dass ich mich momentan mit dem Thema Individuelle Förderung intensiver beschäftige, denn an meiner Schule soll sich etwas bewegen in diese Richtung. In NRW ist Individuelle Förderung vom Schulgesetz vorgeschrieben, sogar dem Wortlaut nach.

Schulgesetz NRW (Stand: 15. 2. 2010)

Erster Teil

Allgemeine Grundlagen

Erster Abschnitt

Auftrag der Schule

§ 1

Recht auf Bildung, Erziehung und individuelle Förderung

(1) Jeder junge Mensch hat ohne Rücksicht auf seine wirtschaftliche Lage und Herkunft und sein Geschlecht ein Recht auf schulische Bildung, Erziehung und individuelle Förderung. Dieses Recht wird nach Maßgabe dieses Gesetzes gewährleistet.

Quelle: http://www.schulministerium.nrw.de/BP/Schulrecht/Gesetze/SchulG_Info/Schulgesetz.pdf

Wie man verschiedentlich hört, setzen Gerichte in diesem Bundesland das Recht auf Individuelle Förderung in der Rechtsprechung bereits um. Eltern, die gegen Noten klagen oder das Sitzenbleiben ihres Kindes, erhalten Recht, da die betroffenen Schulen Individuelle Förderung in den seltensten Fällen nachweisen können.

Individuelle Förderung ist ein Begriff, der sich für mich im Laufe der Zeit gewandelt hat. Ich habe eine Vorstellung davon, jetzt, was ich darunter verstehe. Allerdings habe ich auch gemerkt, dass in meinem Kollegium die Vorstellungen dazu sehr auseinandergehen. In der Steuergruppe steht man meinen Vorstellungen recht nah, weil wir gemeinsam am Konzept arbeiten und ich ein wenig die Rolle des Vordenkers übernommen habe. Einige im Kollegium lehnen Individuelle Förderung mehr oder weniger ab und andere haben andere Ideen oder stehen irgendwo dazwischen.

Die meisten Informationen, die ich zum Thema Individuelle Förderung bisher hatte, fand ich im Netz. Dort findet sich viel und auch wieder nicht. Es gibt Informationen von Seiten der Schulministerien, Handreichungen, Materialien, Anleitungen, Konzepte einzelner Schulen, Ideen einzelner Lehrer und mehr. Viele Schulen aller Schulformen erwähnen auf ihren Seiten Individuelle Förderung, bleiben jedoch inhaltlich eher vage. Daneben finden sich einige Druckwerke aus der Fachwelt und Fördermaterialien der Verlage. Klett (und Auer, von denen sie Material übernommen haben) und Cornelsen scheinen dabei auf einer ähnlichen Linie zu liegen.

Aufgefallen ist mir bei meinen Recherchen, dass es scheinbar eine Reihe verschiedener Konzepte von Individueller Förderung gibt. Das ist also nicht nur ein Phänomen, das ich in meinem Kollegium beobachten konnte. Es scheint, jede Schule hat ein eigenes Konzept und nur einige Konzepte sind vergleichbar.

Für mich war das ein Grund, mich intensiver mit dem Begriff auseinanderzusetzen. Dazu habe ich noch einmal Revue passieren lassen, wie das mit meiner Vorstellung oder besser meinen Vorstellungen von Individueller Förderung war und sich diese entwickelt haben.

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