Damian Duchamps' Blog

Was bitte ist „Individuelle Förderung“? (1)

Posted in Hauptschule, Schulentwicklung by damianduchamps on Juli 18, 2010

Wer ab und an in mein Blog schaut, hat gesehen, dass ich mich momentan mit dem Thema Individuelle Förderung intensiver beschäftige, denn an meiner Schule soll sich etwas bewegen in diese Richtung. In NRW ist Individuelle Förderung vom Schulgesetz vorgeschrieben, sogar dem Wortlaut nach.

Schulgesetz NRW (Stand: 15. 2. 2010)

Erster Teil

Allgemeine Grundlagen

Erster Abschnitt

Auftrag der Schule

§ 1

Recht auf Bildung, Erziehung und individuelle Förderung

(1) Jeder junge Mensch hat ohne Rücksicht auf seine wirtschaftliche Lage und Herkunft und sein Geschlecht ein Recht auf schulische Bildung, Erziehung und individuelle Förderung. Dieses Recht wird nach Maßgabe dieses Gesetzes gewährleistet.

Quelle: http://www.schulministerium.nrw.de/BP/Schulrecht/Gesetze/SchulG_Info/Schulgesetz.pdf

Wie man verschiedentlich hört, setzen Gerichte in diesem Bundesland das Recht auf Individuelle Förderung in der Rechtsprechung bereits um. Eltern, die gegen Noten klagen oder das Sitzenbleiben ihres Kindes, erhalten Recht, da die betroffenen Schulen Individuelle Förderung in den seltensten Fällen nachweisen können.

Individuelle Förderung ist ein Begriff, der sich für mich im Laufe der Zeit gewandelt hat. Ich habe eine Vorstellung davon, jetzt, was ich darunter verstehe. Allerdings habe ich auch gemerkt, dass in meinem Kollegium die Vorstellungen dazu sehr auseinandergehen. In der Steuergruppe steht man meinen Vorstellungen recht nah, weil wir gemeinsam am Konzept arbeiten und ich ein wenig die Rolle des Vordenkers übernommen habe. Einige im Kollegium lehnen Individuelle Förderung mehr oder weniger ab und andere haben andere Ideen oder stehen irgendwo dazwischen.

Die meisten Informationen, die ich zum Thema Individuelle Förderung bisher hatte, fand ich im Netz. Dort findet sich viel und auch wieder nicht. Es gibt Informationen von Seiten der Schulministerien, Handreichungen, Materialien, Anleitungen, Konzepte einzelner Schulen, Ideen einzelner Lehrer und mehr. Viele Schulen aller Schulformen erwähnen auf ihren Seiten Individuelle Förderung, bleiben jedoch inhaltlich eher vage. Daneben finden sich einige Druckwerke aus der Fachwelt und Fördermaterialien der Verlage. Klett (und Auer, von denen sie Material übernommen haben) und Cornelsen scheinen dabei auf einer ähnlichen Linie zu liegen.

Aufgefallen ist mir bei meinen Recherchen, dass es scheinbar eine Reihe verschiedener Konzepte von Individueller Förderung gibt. Das ist also nicht nur ein Phänomen, das ich in meinem Kollegium beobachten konnte. Es scheint, jede Schule hat ein eigenes Konzept und nur einige Konzepte sind vergleichbar.

Für mich war das ein Grund, mich intensiver mit dem Begriff auseinanderzusetzen. Dazu habe ich noch einmal Revue passieren lassen, wie das mit meiner Vorstellung oder besser meinen Vorstellungen von Individueller Förderung war und sich diese entwickelt haben.

Irgendwann 2009 stand an meiner Schule mal wieder das Thema Individuelle Förderung auf der Tagesordnung. Der Schulleiter meinte, wir müssten doch endlich einmal etwas in die Wege leiten, da wir zur Individuellen Förderung ja verpflichtet wären. Zwei Jahre zuvor waren wir bereits an der Overbergschule in Werl gewesen. Diese Schule hat sich die Individuellen Förderung auf die Fahnen geschrieben und erhielt dafür sogar das Gütesiegel. Die Schule arbeitet im 60-Minuten-Takt und hat Förderung in Form eines Förderbandes eingerichtet. Man stellte uns das Förderkonzept vor. 30 Minuten Förderung an jedem Morgen und die Schüler wählen ihr Förderthema selbst, vertrauend darauf, dass sie selbst ein Gespür dafür haben, was für sie das Beste ist. Gefördert wird in vielen verschiedenen Bereichen, und um die Gruppen klein zu halten, müssen alle Lehrer der Schule täglich in diesen 30 Minuten präsent sein. Zusätzlich rekrutiert man Lese-Omas, Handwerksmeister im Ruhestand und ähnliche Freiwillige. Das Kollegium, so versicherte uns die Schulleiterin, sei mehrheitlich vom Konzept überzeugt, habe viel Material erstellt und wo möglich auch gekauft. Und das Konzept des Individuellen Förderns wirke nun auch in den Unterricht hinein, so dass man Material und Methoden auch in den regulären Unterricht integriere und so die Schule selbst mehr und mehr verändere. In einem Raum waren Materialien und Konzepte ausgestellt. Das beeindruckte das Dutzend Lehrerinnen und Lehrer, die von meiner Schule an dem Besuch teilnahmen doch sehr, wenngleich auch einige Fragen offen blieben, wie unsere im Individuellen Fördern erfahrene Montessori Pädagogin anmerkte.

In den kommenden Wochen beschäftigte sich an meiner Schule eine Projektgruppe mit dem Thema und arbeitete einen Plan zur Umsetzung eines vergleichbaren Konzeptes aus. Leider endete dieser Versuch im Nichts. Das Kollegium war insgesamt nicht zu begeistern, allen voran der konservative Block, und Schulleitung versagte auf ganzer Linie, da sie es nicht schaffte, das von ihr selbst angestoßene Projekt nachhaltig zu unterstützen. Die beteiligten Lehrer waren frustriert und ein Teil von ihnen hat sich seither zurückgehalten, wenn es um Schulentwicklung geht.

Der beschriebene Besuch hat meine erste Vorstellung von Individueller Förderung zunächst maßgeblich bestimmt. Irgendwann sah ich dann die „Treibhäuser der Zukunft„, jenen Film von Reinhard Kahl, in welchem an Beispielen andere, am Schüler orientierte Formen von Schule gezeigt werden. Und in Folge davon las ich „Die 15 Gebote des Lernens. Schule nach PISA“ von Peter Struck und einige Schriften von Hartmut von Hentig und anderes. Auch das muss in meine Vorstellungen von Individueller Förderung hineingewirkt haben.

Das erste Konzept für meine Schule versuchte, verschiedene Aspekte unter einen Hut zu bringen. Wir wollten uns zunächst auf eine Förderung in den Kernfächern beschränken und eine Wahl durch die Schüler selbst, wollten wir zu Beginn auch nicht zulassen, da wir unseren Schülern keine Wahl nach Lerninhalten zutrauten, sondern eher eine nach sozialen Aspekten erwarteten. Ähnlich wie an der Overbergschule sollten so viele Kleingruppen wie möglich gebildet werden. Wenn Schüler nicht selbst wählen, so war für mich klar, muss Förderbedarf anders ermittelt werden. Da wir ohnehin Förderempfehlungen schreiben müssen für leistungsmäßig gefährdete Schüler, warum dann nicht aus der Not eine Tugend machen, so meine Idee, und eine Förderempfehlung für jeden Schüler schreiben? Dazu sollten die Fachschaften Förderschwerpunkte erarbeiten, fünf an der Zahl für jedes Halbjahr. Die Idee war dann, die Fachlehrer am Halbjahresende für jeden Schüler für jeden der fünf Förderschwerpunkte eine Bewertung vornehmen zu lassen (noch große Schwierigkeiten, teilweise noch Schwierigkeiten, kann das schon). Anhand dieser Aussagen, sollte der Klassenlehrer seine Schüler dann im Laufe des kommenden Halbjahres den Fördergruppen zuteilen. Entsprechend dem Erfolg oder Misserfolg sollte der Förderlehrer dann einen Eintrag im Förderplan machen. Ergänzend sollten die neuen Fünfer von unserer Schulsozialpädagogin getestet werden, so wie wir das auch jetzt schon tun. Inhaltlich bezogen sich die Förderangebote so immer auf den Stoff des vorhergehenden Halbjahres. Primäres Anliegen dieses Förderkonzeptes war es, Defizite aufzuarbeiten, und wir gingen dabei davon aus, dass vermutlich jeder Schüler irgendwo Defizite hat. Sollte es dann doch einmal Schüler gegen, bei denen nichts zu fördern ist, so stellten wir uns vor, diese als Förderhelfer einzusetzen und sie dadurch zu fordern. Wie das Fördermaterial aussehen sollte, dazu hatten wir uns bis dahin nur wenige Gedanken gemacht. Klar war nur, dass es so strukturiert sein sollte, dass auch fachfremde Lehrer oder externe Personen damit arbeiten könnten. Dazu sollte es selbsterklärend sein und Schülern ein eigenständiges Arbeiten ermöglichen. Lehrer sollten als Berater und Helfer fungieren. Hinter der Gruppenbildung und Mischung der Schüler steckte als Idee auch, damit Kollegen, die das Förderkonzept ablehnen, am normalen Unterricht zu hindern. Mit gutem Material und diesem Zwangsmittel sollten sie zum Fördern gebracht werden. Bei der Entwicklung des Konzeptes waren wir bemüht, den Verwaltungsaufwand möglichst klein zu halten, um nicht direkt das Kollegium zu verschrecken und natürlich auch allen das Arbeiten zu erleichtern. Das Fördern sollte in einem Förderband organisiert sein. Einige Überlegungen, die ich mir zu dieser Zeit zum Thema Förderband gemacht hatte, finden sich in dem Mindmap Förderband wieder.

Während wir unser erstes Konzept erarbeiteten, stellte uns ein an eine andere Schule abgeordneter Kollege mit einem Lehrer seiner derzeitigen Schule das Förderkonzept vor, welches man dort fährt. Mangels Lehrer fördert man an dieser Hauptschule im Klassenverband. Die Schüler arbeiten an ihren Materialien selbständig, eine halbe Stunde jeden Morgen. Materialien, das sind verschiedene Arbeitshefte und Kopieen. Es sei dieses zwar vom Organisatorischen her kein Idealzustand, aber es funktioniere gut, versicherte man. Uns gefiel das Konzept nicht wegen der vielen Kompromisse und es fand deswegen auch keinen Eingang in unser erstes Konzept.

Dann kam unsere Fortbildung zum Thema Individuelle Förderung. Die Fortbildnerin kannte Individuelle Förderung aus eigener Erfahrung von zwei Schulen. Beide Schulen hatten unterschiedliche Konzepte. Eine hatte sich an der Overbergschule orientiert. Die andere hatte ein völlig anderes Konzept. Als Moderatorin zum Thema Individuelle Förderung hatte unsere Fortbildnerin erst kurz zuvor eine intensive Schulung des Landes zu genau diesem Thema durchlaufen. Was sie uns dann vorstellte, warf unser bisheriges Konzept komplett über den Haufen. Es schien uns viel zu aufwändig und kompliziert.

Förderung geht auch im Klassenverband, meinte sie. Die Bildung von Kleingruppen ist erstrebenswert, wird sich in der Praxis jedoch nur schwierig umsetzten lassen, da es garantiert an mindestens einem Tag nicht funktionieren wird. Dann wird man nicht ausreichend Lehrer dafür haben, denn freie Tage, halbe Stelle und Krankheitsausfälle funken immer dazwischen, sagte die erfahrene Konrektorin einer Hauptschule. Sie versuchte dann auch, das Kollegium dazu anzuregen, sich mit seiner Vorstellung von Individueller Förderung auseinanderzusetzten. Es war ein Denkanstoß. Welche Bedeutung dieser Punkt hat, war mir zu dem Zeitpunkt allerdings noch nicht klar. Um dem Kollegium klarzumachen, warum Individuelle Förderung überhaupt Sinn macht, ließ die Moderatorin alle einen Parcours durchlaufen, in welchem Aufgaben unter physischen Beeinträchtigungen zu lösen waren. Die damit simulierten Lernschwierigkeiten machten exemplarisch jedem deutlich, wie Defizite entstehen können bei den Schülern (, die nicht durch fehlende Lernbereitschaft begründet sind). Inhaltlich solle man beim Fördern da arbeiten, wo man im Unterricht steht, hörten wir. Das sei den Schülern einsichtig, denn sie sähen eine direkte Verbindung und einen unmittelbaren Nutzen für sich. Das steigere ihre Motivation. Wir sahen einige gekaufte Förder- und Diagnosematerialien. Es blieben allerdings noch viele offene Fragen für uns.

Nach der Fortbildung setzte sich die Steuergruppe erneut an die Ausarbeitung eines Förderkonzeptes für unsere Schule. Das alte Konzept wurde in großen Teilen über Bord geworfen. Förderung im Klassenverband, immer ein Lehrer mehr je Klassenstufe, so dass dieser unterstützen kann in einer Klasse oder Schüler herausziehen kann, um mit ihnen etwas extra zu machen, das war zunächst der Ausgangspunkt. Mit dem Material taten wir uns weiter schwer. Wir stießen auf die Materialien von Klett (Auer) und bestellten, was verfügbar war. Die Fördermaterialien (Deutsch und Mathematik) sind modular aufgebaut und differenziert nach drei Schwierigkeitsstufen. Es gibt einen Einstufungstest und einen Abschlusstest zu jedem Modul. Das passte irgendwie zu meinen Vorstellungen: jeden Schüler da abholen, wo er steht und ihn nach seinen Möglichkeiten fördern und voranbringen. Meine Recherchen im Interent ergaben, dass sich die Autoren dieser Materialien wohl sehr an bayrischen Vorstellungen orientiert haben. Dort geht man davon aus

in modularen Phasen Schüler individuell und begabungsgerecht von dort aus zu fördern, wo sie in ihrer Lernentwicklung stehen

Quelle: http://www.isb-mittelschule.de/

Nach unserem Modell soll es nun also für die drei Hauptfächer Module geben für verschiedene Inhaltsbereiche/ Kompetenzbereiche, mehrere je Jahrgang. Je nach Stand der Schüler sollen sie Förderung bieten oder fordern. In jeder Klasse soll jeweils ein Modul aus jedem der drei Hauptfächer stehen und im Prinzip beschäftigt sich jeder Schüler mit allen Materialien und das je nach seiner Lernentwicklung. Das Material soll dabei so autark für sich stehen können, dass auch fachfremde Kollegen die Förderung übernehmen können. In den unteren Jahrgangsstufen unterstütz im Idealfall in jeder Klasse ein weiterer Kollege. In der Fünf geht es vor allem zu Beginn um die Einübung des Verfahrens, so dass Schüler immer selbständiger an ihren Aufgaben arbeiten können. In einem Portfolio dokumentieren die Schüler ihre Arbeit. Soweit die Vorstellung der Steuergruppe. Auch wenn die Steuergruppe versucht hat, möglichst offen zu arbeiten und alle Interessierten einzubinden, gelang dieses fast nicht. Vermutlich ist das ein Grund, weshalb die Vorstellungen vom Begriff Individuelle Förderung im Kollegium nun stark auseinanderklaffen. Der Konrektor, der den Stundenplan erstellt, hat eine eigene Vorstellung, nach der nur Fachlehrer qualifiziert fördern können, einige Kollegen meinen, differenziertes Material sei überflüssig, manche wollen inhaltlich unterrichtsbegleitend fördern, usw.. Auf einen Nenner zu bringen war das bisher nicht. (Nach den Ferien soll es mit dem Fördern losgehen. Material erstellen die Kollegen, soweit sie überhaupt etwas beitragen, nach eigenen Vorstellungen. Chaos!?!?)

Für mich ist dieser Stand der Dinge äußerst unbefriedigend. Ich bin jemand, der in Systemen denkt, in Strukturen, die Leitlinien bilden und Orientierung bieten. Wenn alle einheitlich arbeiten, dann erleichtert das allen das Arbeiten. Schüler finden sich besser zurecht, wenn der Aufbau von Materialien bei allen gleich ist. Lehrer wissen, wie sie Materialien erstellen. Deswegen kann es nicht sein, dass in einer Jahrgangsstufe oder in einem Fach differenziert gearbeitet wird mit Einstufungs- und Abschlusstest und in anderen Stufen oder Fächern ohne eine Differenzierung. Die Steuergruppe meiner Schule hat ein Konzept erarbeitet und dieses in die Fachkonferenzen gegeben. Dort akzeptiert jedoch nicht jeder dieses Konzept. Ich hätte erwartet, dass diejenigen, die sich nicht einbringen, das dann so annehmen. Damit liege ich jedoch völlig falsch. Was in meinem Kollegium also fehlt, ist ein Konsens, was unter Individueller Förderung verstanden wird. Eigentlich hätte ich eher darauf kommen sollen. Darauf gebracht hat mich erst ein Fachbuch zur Individuellen Förderung, wo dieses explizit gesagt wird:

„Gelungene Schulentwicklung setzt voraus zu diskutieren, auf welche Definition von individueller Förderung sich das Kollegium einigen möchte, um flächendeckend individuelle Förderung voranzutreiben: reicht es die Leistungsschwachen im Blick zu haben, um Konzepte individueller Förderung zu entwickeln, oder noch zusätzlich die Leistungsstarken? Was ist dann mit dem breiten Mittelfeld und den besonderen Gruppen innerhalb der Klasse – bedürfen diese keiner Förderung? Diese Entscheidung hat eine bestimmte Haltung zur Konsequenz, die für individuelle Förderung von großer Bedeutung zu sein scheint, da sie die Konzepte (ebenso wie die Diagnostik) bestimmt.“

Quelle: „Individuelle Förderung in der Sekundarstufe I und II“ (Ingrid Kunze/ Claudia Solzbacher (Hrsg.)), S. 30

Das ist genau der Punkt, auf den unsere Fortbildnerin abzielte, als uns zu Beginn der Fortbildung dazu anhielt, unsere Vorstellungen von Individueller Förderung zu äußern. Das Verfahren, welches sie dazu gewählt hatte, war vielleicht nicht der beste Weg dazu, denn die Vorstellungen der einzelnen blieben letztlich unausgesprochen. Und da sich niemand in die Arbeit der Steuergruppe einbrachte zu diesem Thema, die Steuergruppe es aber auch versäumte, in diesem Punkt Klarheit zu schaffen, bevor man weiter an einem Konzept arbeitete, herrscht nun das beschriebene Chaos, dessen Folgen sich im neuen Schuljahr schnell zeigen werden.

Besagtes Buch hat mir die Augen geöffnet, dass es mit dem Thema Individuelle Förderung lange nicht so einfach ist, wie ich mir das vorgestellt hatte. Dass jede Schule ein eigenes Konzept hat, mag nicht wundern, wenn man das Buch gelesen hat. Es muss auch kein Fehler sein. Mehr als je zuvor stellt sich für mich nun aber die Frage, was ist eigentlich individuelle Förderung? Ich hätte gerne eine schlüssige Antwort. NRW gibt mir nur ein Rahmenkonzept individuelle Förderung vor. Das ist genau das, ein Rahmenkonzept. Schlüssig ist es nicht. Der Beliebigkeit scheinen Tür und Tor geöffnet. Was und wie ist beispielhaft angerissen. Alles und jedes passt hinein, so sieht es für mich aus. Eine Schule, die ihre Berufsorientierungsangebote als individuelle Förderung ansieht und Hausaufgabenbetreuung am Nachmittag, fördert also individuell, genau wie eine, die ein Förderband einrichtet.

Was genau unter Individueller Förderung zu verstehen ist, weiß vermutlich niemand oder wissen viele und jeder hat eine andere Vorstellung. In unserem Land der förderalen Bildungspolitikspielplätze, die man Bundesländer nennt, gibt es kein einheitliches Konzept zur Individuellen Förderung. Man kann es vermutlich auch nicht erwarten.

Wenn ich mit dem Buch durch bin, werde ich diesen Beitrag mit einem zweiten Teil fortsetzen.

9 Antworten

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  1. apanat said, on Juli 19, 2010 at 8:34 pm

    Vielleicht sind für dich oder manche deiner Leser die folgenden Angaben aus dem Vielfalt-lernen-Wiki interessant?

    http://wikis.zum.de/vielfalt-lernen/index.php/Weblinks_zu_individueller_F%C3%B6rderung

    http://wikis.zum.de/vielfalt-lernen/index.php/Literatur_zu_individueller_F%C3%B6rderung

    • damianduchamps said, on Juli 19, 2010 at 6:55 pm

      Danke für die Links im Wiki. Die meisten kannte ich bereits durch Google. Sie sind auf jeden Fall nützlich für jeden, der sich mit der Thematik auseinandersetzen möchte.

  2. apanat said, on Juli 19, 2010 at 8:34 pm

    Nach einigem Zögern nenne ich noch zwei weitere Beiträge aus dem Wiki. (Dort habe ich bisher nur insofern mitgearbeitet, als ich deinen Beitrag verlinkt habe.)

    http://wikis.zum.de/vielfalt-lernen/index.php/Schulentwicklung_und_individuelle_F%C3%B6rderung

    http://wikis.zum.de/vielfalt-lernen/index.php/Filme_zu_individueller_F%C3%B6rderung

  3. ullakeienburg said, on Juli 28, 2010 at 9:11 am

    Individuelle Förderung: Spannnendes Thema.
    Wenn du bedenkst, dass Schule mal gegründet worden ist, um auf die industriellen Prozesse vorzubereiten und Tugenden wie Gehorsam und Produktivität vorzubereiten, dann wrid auch schnell klar, warum sie an Gleichmachung und nicht an Individualität oder Vielfalt interessiert ist. (Kollektives Unterbewusstssein) Lehrer und Entscheider in dem System „funktionieren“, und sie haben den Auftrag, Kinder zum „Funktionieren“ zu bewegen.
    Solange Pädagogen noch davon asugehen oder postulieren,dass „Kinder da abgeholt werden müssen, wo sie stehen“, verstehen oder beobachten sie meines Erachtens etwas nicht richtig.
    Kinder STEHEN nirgends – Kinder bewegen sich. Und „abholen“? na wo sollen sie denn hin? zu den Lehrern? Ans Pult?
    Wenn Schule eine Landschaft wäre, in der erwachsene Menschen mit jungen Menschen gemeinsam das Feld „Bildung“ beackerten, käme man dem Oragnischen an dem Prozess schon näher.
    Und mal ganz ehrlich: „Einheitliches Konzept bundesweit für Individuelle Förderung“ – hört sich das nicht oder liest es sich nicht schon geradezu absurd?

  4. Franz Josef Neffe said, on August 4, 2010 at 11:36 am

    LEHRER haben immer ERFOLG, nur erfolgt allzu oft das Gegenteil dessen, was sie wollen. Coués Gesetz der das Gegenteil bewirkenden Ansterungung könnte ihnen zeigen, wie sie ins Problem geraten sind und wie sie wieder rauskommen.
    Schon als Student habe ich beobachtet, wie häufig das Problem nicht kleiner sondern größer wurde, wenn der Lehrer sich dem Schüler „individuell widmete“. Als Ich-kann-Schule-Lehrer bin ich dann zu dem Ergebnis gekommen, dass es nicht darauf ankommt, ständig das Kind zu gängeln, sondern darauf, einzelne WEICHENSTELLUNGEN sorgfältig und präzise zu vollziehen, am besten mit einer nicht zu kleinen Klasse, die sozial Anteil nimmt und der neuen Entwicklung Dynamik verleiht. Wenn ich also ein Kind, das z.B. in Mathe versagte, für sein Mathetalent begeistere und zu ersten guten Ergebnissen führe und diese Fortschritte von der Gemeinschaft anerkennen lasse, dann setzt sich ein Erfolgsprozess für alle und alles in Gang, der die Talente und Kräfte für weitere gute Ergebnisse mitreißen kann. Meine Aufgabe ist es dann, diesen Prozess zu lenken; dafür muss ich etwas von Geistes- und Seelenkräften verstehen; Curriculumtheorie ist zu wenig. Wenn die menschliche Entwicklung erst einmal in Schwung gebracht ist, besteht die „individuelle Förderung“ in ziemlicher Zurückhaltung mit neuen Eingriffen. Ich grüße freundlich.
    Franz Josef Neffe

  5. tiziana said, on August 4, 2010 at 12:29 pm

    Wirklich interessanter Beitrag. Ich wäre sehr daran interessiert, weiteres bei Eurem Werdegang an der Schule hin zu mehr individueller Förderung zu erfahren.

  6. Frederik Weitz said, on August 27, 2010 at 11:07 am

    Das Problem bei der individuellen Förderung ist wohl hauptsächlich, dass viele Pädagogen zu wenig Ahnung von Entwicklungspsychologie haben.
    Oftmals besteht, wenn es überhaupt individuelle Förderung gibt, diese im „Ausmerzen“ von Fehlern. Kennt man aber entwicklungspsychologische Verläufe und Gesetze, dann kann man sagen: das Kind steht hier und wahrscheinlich (auch entwicklungspsychologische Modelle sind nur Konstrukte) steht es demnächst dort; auf dieser Basis kann man fördern, ohne einfach nur Defizite auszugleichen.

  7. Frederik Weitz said, on August 29, 2010 at 10:23 am

    Hier noch ein Artikel (von mir):
    http://www.suite101.de/content/was-ist-individuelle-foerderung-a85037
    Sorry für die Selbstwerbung. Zum Ausgleich habe ich Sie auch verlinkt. Wir haben bei dem Vermitteln von individueller Förderung immer wieder ähnliche Probleme und Hürden, wie die, die Sie schildern.

    • damianduchamps said, on August 29, 2010 at 12:55 pm

      Ist schon OK mit dem Link. Er kann den Beitrag nur bereichern. Den entwicklungspsychologischen Ansatz fand ich neulich auch an anderer Stelle. Ich stimme völlig mit ihnen überein, dass Indivduelle Förderung zu häufig defizitorientiert ist, habe aber auch die Erfahrung gemacht, dass man zu Beginn seiner Auseinandersetzung mit dem Thema fast automatisch bei dieser Sicht landet. Erst, wenn man sich länger mit der Thematik befasst, stößt man auch auf andere Elemente. Damit werde ich mich im zweiten Teil beschäftigen, den ich zu diesem Thema geplant habe. Derzeit sammle ich zum Thema und taste mich weiter heran.


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